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13.04.2021

KPMG-Studie in Kooperation mit EHI: Fashion 2030

Der Modehandel kann seit Jahren ein zwar überschaubares, aber stetiges Umsatzwachstum aufweisen. Allerdings wird dabei der Umsatzanteil des Onlinehandels deutlich stärker und folgerichtig der des stationären Handels immer schwächer. Bereits in 10 Jahren wird der Mode-Onlinehandel einen ebenso hohen Marktanteil aufweisen wie Modegeschäfte vor Ort, so eines der Ergebnisse der Studie „Fashion 2030 – Sehen, was morgen Mode ist“ von KPMG in Kooperation mit dem EHI. „Für den Handel bedeutet der Umsatzrückgang im stationären Bereich, dass er seine stationären Flächen reduzieren muss“, so Marco Atzberger, Geschäftsleitung EHI. Ein Dilemma, denn der Großteil der Kundschaft bevorzugt trotz aller Online-Alternativen das Modegeschäft vor Ort für seinen Einkauf.

Der Modehandel kann seit Jahren ein zwar überschaubares, aber stetiges Umsatzwachstum aufweisen. Allerdings wird dabei der Umsatzanteil des Onlinehandels deutlich stärker und folgerichtig der des stationären Handels immer schwächer. Bereits in 10 Jahren wird der Mode-Onlinehandel einen ebenso hohen Marktanteil aufweisen wie Modegeschäfte vor Ort, so eines der Ergebnisse der Studie „Fashion 2030 – Sehen, was morgen Mode ist“ von KPMG in Kooperation mit dem EHI. „Für den Handel bedeutet der Umsatzrückgang im stationären Bereich, dass er seine stationären Flächen reduzieren muss“, so Marco Atzberger, Geschäftsleitung EHI. Ein Dilemma, denn der Großteil der Kundschaft bevorzugt trotz aller Online-Alternativen das Modegeschäft vor Ort für seinen Einkauf.

Textilien, Medien und Elektroartikel sind die bisher am meisten online gekauften Kategorien. Auch für die Zukunft schätzen Konsumenten Onlineshopping in diesen Kategorien als besonders attraktiv ein, wobei auch ein Onlinekauf von Möbeln, Drogerie- und Baumarktartikeln auf deutliches Interesse trifft.

Mit 16,5 Mrd. Euro Umsatz erwirtschaftet der Onlinemodehandel in 2020 bereits 25 Prozent des gesamten Modeumsatzes von rund 66 Mrd. Euro. Diesen Anteil wird er in den nächsten zehn Jahren verdoppeln, erwarten die Experten von KPMG und EHI. Die prognostizierten 79,2 Mrd. Euro Jahresumsatz in 2030 sollen zu gleichen Teilen auf Online und stationäre Geschäfte entfallen. Um sich hier richtig zu positionieren, stehen dem Textilhandel neben Flächenreduktionen auch strategische Veränderungen in puncto Nachhaltigkeit und Digitalisierung bevor. Konzepte wie Kreislaufwirtschaft (Recycling) oder auch Re-Commerce (Secondhand) gehören ebenso zu den Ansprüchen der Kundschaft wie ein nahtloses (Kanal-unabhängiges) Einkaufserlebnis oder eine gezielte Kundenansprache.

Online-Informationsquellen werden für Kunden immer wichtiger. Das Umsehen im Geschäft bleibt aber bis auf Weiteres die zentrale Informationsquelle beim Einkauf. Eine Ausnahme ist jedoch bei Elektroartikeln zu beobachten – die unabhängige Meinung von Testberichten stellt hier die wichtigste Informationsbasis dar.

Flächenreduktion
Da der Marktanteil des Online-Modehandels stärker steigt als der des gesamten Modemarktes, wird es zu einem Schereneffekt für den stationären Bekleidungseinzelhandel kommen – sofern sich nicht entscheidende Parameter wie Ladenmieten ändern. Den Fixkostenanteil im stationären Bereich dauerhaft zu senken, kann zu einer Harmonisierung beider Vertriebskanäle führen und massive Kannibalisierungseffekte verhindern, so die Studienautoren. Die Verkleinerung der Handelsflächen wird Kaufhäuser und mehrgeschossige Formate am stärksten treffen. Die Interviews mit Handelsexperten zeigen, dass der Handel bis zum Jahr 2030 eine Flächenreduktion von etwa 50 Prozent erwartet und antizipiert in der Spitze Schrumpfungen von bis zu 70 Prozent. Die aktuelle Krise bietet dem Modehandel aber auch ein größeres Angebot an attraktiven Mietflächen und damit die Chance, sich durch eine strategische Bereinigung der eigenen Filialnetze, eine Flächenanpassung und eine zielgruppengenaue Ausdifferenzierung der Konzepte – in Verbindung mit smarten digitalen Lösungen – zukunftsfähig aufzustellen.

Multi-Channel-Ansätze nehmen weiter zu. Der stationäre Einzelhandel wird auf der einen Seite verstärkt ins Onlinegeschäft einsteigen, auf der anderen Seite ist zu beobachten, dass die Eröffnung eigener lokaler Geschäfte durch bisher reine Onlinehändler zunimmt.

Einkaufserlebnis
Für ein gelungenes Shoppingerlebnis müssen die Innenstädte vital und attraktiv sein und sollten Entertainment bieten. All das verlangt eine Kooperation aller beteiligten Akteure vor Ort und die Zusammenarbeit mit einer konzeptionell ausgerichteten Stadtentwicklung. Um die individuelle Kundentreue zu erhöhen und echtes Vertrauen aufzubauen, muss der Modehandel stärker in Emotionalität investieren und IT-Lösungen nutzen. Ob im Laden oder im Netz, die Kundschaft wünscht ein zielgruppengerechtes und nahtloses Einkaufserlebnis, was für Handelsunternehmen bedeutet, die Systeme geschickt miteinander zu verknüpfen. Auch die Verfügbarkeit und das Auffinden von Kleidungsstücken in der eigenen Größe spielen eine erhebliche Rolle im stationären Modehandel. So geben jeweils 42 Prozent der Kundschaft an, dass sie öfter stationär einkaufen würden, wenn dies gesichert wäre.

Schon heute kann in bestimmten Regionen und Aufgabenbereichen ein handfester Mangel an qualifiziertem Personal beobachtet werden. Dies dürfte sich in Zukunft weiter verschärfen. Eigene Qualifizierungsmaßnahmen des Handels werden zunehmen, eine Imageverbesserung der Branche ist erforderlich.

Bei aller technologischer Unterstützung: Der Mensch bleibt wichtigster Faktor im Handel, hierüber sind sich 88 Prozent einig. Für 60 Prozent der Konsumenten werden Begegnungen mit Menschen in einem Ladengeschäft zunehmend wichtig.

Nachhaltigkeit
Für fast die Hälfte der befragten Konsumenten (46 Prozent) ist Nachhaltigkeit heute schon ein lohnendes Konzept. Dazu zählen auch Re-Commerce und Second Hand. 34 Prozent der Kundschaft kaufen bereits gebrauchte Kleidung, weitere 28 Prozent können es sich vorstellen. Anlassbezogen kann sich ein Großteil zudem vorstellen, Kleidung zu leihen. Der Trend Secondhand-Kleidung hat das Potenzial, in den kommenden zehn Jahren einen Marktanteil von bis zu 20 Prozent auf sich zu vereinen und damit zu einem signifikanten Marktsegment im Fashionhandel aufzusteigen. Wesentliche Treiber sind neben der Nachhaltigkeitsdebatte die Digitalisierung vom „Secondhand-Geschäft um die Ecke“ sowie die großen Onlinemodeplattformen, die diesen Markt für sich entdecken und damit die Modelle temporärer Nutzung immer stärker ins Bewusstsein der Konsumenten bringen.

Gesetze und Verordnungen sowie zunehmender Druck durch Stakeholder haben zur wachsenden Bedeutung von Nachhaltigkeit beigetragen. Der Konsumgütersektor misst jedoch dem Aspekt, einen Reputationsgewinn durch eine Nachhaltigkeitsstrategie erzielen zu können, stärkere Bedeutung bei als andere Branchen.

Beim Thema Kreislaufwirtschaft bzw. Recycling von Rohstoffen aus gebrauchter Kleidung engagieren sich viele Unternehmen bereits in nicht gewinnorientierten Initiativen und Forschungsprojekten, um /die entsprechenden Technologien zu entwickeln. Im Jahr 2030 werden vermutlich auch aufgrund gesetzlicher Initiativen viele Bekleidungsartikel aus recycelten textilen Rohstoffen beziehungsweise Fasern hergestellt werden, was die Lieferketten substanziell verkürzen würde. „Automatisierte Faserrückgewinnung, steigende Lohnstückkosten in Fernost und weniger Verbrauchstextilien, das ist der Ausgangsstoff für eine perspektivische Wiederbelebung der Textilproduktion in europanahen Ländern wie auch in Europa selbst“, so Stephan Fetsch, Head of Retail EMA bei KPMG. Zwar spielt Kreislaufwirtschaft wegen der gegenwärtigen geringen Verfügbarkeit noch keine große Rolle, zeigt aber großes Potential: So haben 28 Prozent bereits recycelte Textilien erworben, über 50 Prozent stehen dem positiv gegenüber.

In der Verantwortung für Nachhaltigkeit sieht die Kundschaft den Handel und die Hersteller. Diese wiederum würden sich wünschen, dass Konsumenten durch Verhaltenswechsel den Aufschwung von Re-Commerce einleiten. Neuen Compliance-Richtlinien wird für die Entwicklung des Re-Commerce-Markts eine beschleunigende Wirkung zukommen.

Quelle:

(Studien; KPMG/EHI bzw. KPMG):
- Fashion 2030: Sehen, was morgen Mode ist
- CONSUMER MARKETS: Trends im Handel 2020

(c) Hochschule Niederrhein
06.04.2021

120 Jahre Textile Ausbildung in Mönchengladbach

Der Fachbereich Textil- und Bekleidungstechnik der Hochschule Niederrhein feiert in diesem Jahr ein zweifaches Jubiläum: Zum einen wird die Hochschule Niederrhein 50 Jahre alt. Zum anderen wurde vor 120 Jahren die Preußische Höhere Schule für Textilindustrie gegründet. Aus ihr entstand später die Textilingenieurschule, die 1971 in den Fachbereich Textil- und Bekleidungstechnik der Hochschule Niederrhein überführt wurde.
 
Der diesjährige Masterkongress am 23. April 2021 nimmt dieses doppelte Jubiläum auf. Er läuft unter dem Titel: NOW AND THEN – MG CREATES CAREERS (Gestern, heute, morgen: Mönchengladbach macht Karrieren).

Der Fachbereich Textil- und Bekleidungstechnik der Hochschule Niederrhein feiert in diesem Jahr ein zweifaches Jubiläum: Zum einen wird die Hochschule Niederrhein 50 Jahre alt. Zum anderen wurde vor 120 Jahren die Preußische Höhere Schule für Textilindustrie gegründet. Aus ihr entstand später die Textilingenieurschule, die 1971 in den Fachbereich Textil- und Bekleidungstechnik der Hochschule Niederrhein überführt wurde.
 
Der diesjährige Masterkongress am 23. April 2021 nimmt dieses doppelte Jubiläum auf. Er läuft unter dem Titel: NOW AND THEN – MG CREATES CAREERS (Gestern, heute, morgen: Mönchengladbach macht Karrieren).

„Die textile Ausbildung in Mönchengladbach hat ein bedeutsames historisches Erbe, auf welches wir sehr stolz sind“, sagt Professor Dr. Lutz Vossebein, Dekan des Fachbereichs Textil- und Bekleidungstechnik. Mit über 2000 Studierenden und mehr als 30 Professorinnen und Professoren gehört der Fachbereich heute zu den größten Ausbildungsstätten im Bereich Textil und Bekleidung – und das europaweit.

„Der Masterkongress richtet sich an Studierende und Partner des Fachbereichs sowie des Forschungsinstituts für Textil und Bekleidung aus Wirtschaft, Forschung und Lehre sowie Politik. Wie immer werden aktuelle Themen von den angehenden Ingenieurinnen und Ingenieuren auf hohem Niveau präsentiert“, sagt Prof. Dr. Maike Rabe, die den Master Kongress vor fünf Jahren ins Leben gerufen hat. Keynote-Speaker in diesem Jahr ist Dr. Uwe Mazura, Hauptgeschäftsführer des Gesamtverbands der deutschen Textil- und Modeindustrie e. V. in Berlin. Eines seiner Themen: die unternehmerische Sorgfaltspflicht oder kurz gesagt: das Lieferkettengesetz. „Damit müssen sich die angehenden und gestandenen Fachleute der Branche auseinandersetzen“, erklärt das Planungsteam mit Oliver Heß, Dr. Esther Rohleder und Iris Siebgens.

Am 15. April 1901 fiel der Startschuss für die textile Ausbildung in Mönchengladbach. An diesem Tag nahm die an der Stadtgrenze Mönchengladbach / Rheydt gelegene Höhere Fachschule ihren Lehrbetrieb auf. Vorausgegangen war ein durch die Entwicklung industriell nutzbarer Spinn-, Web- und Veredlungsmaschinen im 19. Jahrhundert forciertes Wachstum der Textilindustrie, das gerade in Mönchengladbach und Umgebung den Bedarf an Fach- und Führungskräften ansteigen ließ.

Das Besondere an der Mönchengladbacher Schule war, dass sie mehrere Abteilungen unter einem Dach vereinte. Neben der Textilproduktion gab es ab 1912 eine Konfektionsabteilung, die sukzessive ausgebaut wurde. Es folgten Damenoberbekleidung, Wäsche, Berufs- und Sportbekleidung als Unterrichtsinhalte. Somit bündelte die „Preußische Höhere Schule für Textilindustrie“, zu diesem Zeitpunkt in Deutschland einzigartig, eine breite Palette im Bereich der textil- und bekleidungstechnischen Ausbildung.

Bedingt durch die hohen Schülerzahlen in den Konfektionsabteilungen erfolgte 1932 die Umbenennung in „Höhere Bekleidungsfachschule“. Als erste Lehranstalt in Deutschland war sie berechtigt, Bekleidungsingenieure auszubilden. Damit wurde die Schule zur Ingenieurschule aufgewertet, Fächer wie Kostenrechnen, Betriebsorganisation, Leistungs- und Arbeitsplanung kamen hinzu.

Der Fachbereich Textil- und Bekleidungstechnik, der mit der Gründung der Fachhochschule Niederrhein im Jahr 1971 entstand, bündelte die Kompetenzen der ehemaligen Textilingenieurschule in Mönchengladbach – aber auch die der Schulen in Köln, Bielefeld, Aachen, Wuppertal und natürlich Krefeld. Krefeld, ebenfalls ein traditionsreicher Textilstandort der Region, wurde für den Weggang der textilen Ausbildung nach Mönchengladbach übrigens dadurch entschädigt, dass die Verwaltung der neuen Fachhochschule nach Krefeld kam.

Einer der Wegbereiter der FH-Gründung war Prof. Dr. Rolf Klinke. Er war vor 50 Jahren Vorsitzender des Planungsausschusses und danach als Prorektor der jungen Fachhochschule und in Personalunion als erster Dekan des Fachbereichs Textil- und Bekleidungstechnik eine zentrale Figur der Gründungsjahre. Anlässlich des Digitalen Masterkongress 2021 wird er als Ehrengast über diese Zeit berichten. Der kostenlose Masterkongress findet am Freitag, 23. April 2021, 9.00 bis 16.15 Uhr, statt. Das komplette Programm und Anmeldeformular: www.hs-niederrhein.de/ftb/#c129082

 

(c) Neonyt/Messe Frankfurt GmbH
30.03.2021

Circularity und Fashion: Interview zur Business- und Kommunikationsplattform Neonyt

Kreislauf- statt Wegwerfwirtschaft – von Fast Fashion zur Zero-Waste-Philosophie. Die Eckpfeiler der Circular Economy im Modebusiness lauten: Vermeidung von Abfällen und Verschmutzung durch neue Verfahren, kontinuierliche Wiederverwertung von Produkten und Materialien und Regeneration der natürlichen Systeme. Textination sprach mit Olaf Schmidt, Vice President Textiles & Textile Technologies, und Thimo Schwenzfeier, Show Director Neonyt, von der Messe Frankfurt über das Messeformat Neonyt als Business- und Kommunikationsplattform für Circularity & Fashion.
 
Es ist rund 10 Jahre her, dass sich die Messe Frankfurt auf das „nachhaltige“ Fashion-Messeparkett wagte. Zunächst mit der Ethical Fashion Show, dann mit dem Greenshowroom gab es zwei Messeformate in Berlin, die sich dem Thema grüne Mode widmeten. Was hat Sie als Messeveranstalter damals zum Launch eines solchen Spezialformats in Deutschland bewogen?

Kreislauf- statt Wegwerfwirtschaft – von Fast Fashion zur Zero-Waste-Philosophie. Die Eckpfeiler der Circular Economy im Modebusiness lauten: Vermeidung von Abfällen und Verschmutzung durch neue Verfahren, kontinuierliche Wiederverwertung von Produkten und Materialien und Regeneration der natürlichen Systeme. Textination sprach mit Olaf Schmidt, Vice President Textiles & Textile Technologies, und Thimo Schwenzfeier, Show Director Neonyt, von der Messe Frankfurt über das Messeformat Neonyt als Business- und Kommunikationsplattform für Circularity & Fashion.
 
Es ist rund 10 Jahre her, dass sich die Messe Frankfurt auf das „nachhaltige“ Fashion-Messeparkett wagte. Zunächst mit der Ethical Fashion Show, dann mit dem Greenshowroom gab es zwei Messeformate in Berlin, die sich dem Thema grüne Mode widmeten. Was hat Sie als Messeveranstalter damals zum Launch eines solchen Spezialformats in Deutschland bewogen?

Olaf Schmidt: Das Texpertise Network der Messe Frankfurt vereint die international bedeutendsten Textilmessen – auf rund 60 Veranstaltungen weltweit zeigen wir, was die Textil- und Modebranche bewegt. Wir bilden die aktuellen Themen und Trends ab und setzen Impulse für die gesamte textile Wertschöpfungskette. Die Messe Frankfurt hat früh den Bedarf an einer geeigneten Plattform für das Zukunftsthema Nachhaltigkeit erkannt und es war daher naheliegend, unsere Expertise im Bereich Fashion zu erweitern und der Nachfrage aus diesem Segment entgegenzukommen. Dafür haben wir bestehende Formate adaptiert und neu ausgerichtet: Nach dem Start der Ethical Fashion Show in Paris im Jahr 2004 übernahm die Messe Frankfurt France die Veranstaltung im Jahr 2010. Zwei Jahre später gründete die Messe Frankfurt in Deutschland die Ethical Fashion Show Berlin und fand mit dem Umzug des Events in die polarisierende Hauptstadt die richtige Location für die kommenden Jahre. Die Messe Frankfurt legte den dort bereits bestehenden Greenshowroom mit der Ethical Fashion Show zusammen und ab Januar 2015 fanden die beiden Messen in einer gemeinsamer Venue statt. Die Ausrichtung dieser Veranstaltungen war für die Messe Frankfurt der nächste logische Schritt auf unserem Weg in eine nachhaltige Modezukunft – das Konzept ist inzwischen am Markt für Sustainable Fashion etabliert und besitzt ungebrochenes Wachstumspotential. Der Zusammenschluss des Messeduos 2019 unter dem aktuellen Namen Neonyt ermöglichte uns, unseren Aussteller*innen und Besucher*innen eine neue inhaltliche Ausrichtung und einen holistischen Ansatz beim Thema Nachhaltigkeit sowie einen direkteren Zugang zum konventionellen Modemarkt, insbesondere was den Handel angeht. Im Sommer 2021 findet die Neonyt erstmals am neuen Fashion Hotspot Frankfurt im Rahmen der neuen Frankfurt Fashion Week statt.

 
2019 wurden beide Veranstaltungsformate verschmolzen, die neue Messe Neonyt war geboren und aus 1 + 1 wurde was? Welche Komponenten bietet die Neonyt zusätzlich zu den vorherigen Messekonzepten, was ist so „neu-neu“ und wie kamen Sie eigentlich auf den Namen?

Thimo Schwenzfeier: Aus eins plus eins, wie Sie so schön sagen, wurde mit der Neonyt nämlich nicht einfach nur zwei. Aus eins plus ein wurde einzigartig, neoneu, international relevant: Das Messe-Business wurde unter anderem um das internationale Konferenzformat Fashionsustain und einen Showcase ergänzt, um das Thema Nachhaltigkeit schrittweise mit den Themen Technologie, Innovation und Vorstufe zusammenzuführen. Für den nötigen Lifestyle sorgt unser Content Creator-Format Prepeek und den Glamour der Modewelt bringt die Fashionshow. Neonyt vereint die wichtigsten Elemente der internationalen Textil- und Modebranche – Style, Business, Inspiration, Innovation, Wissen, Spaß und Community. Und genau das ist es auch, was Neonyt so „neu-neu“ macht. Progressiv und polarisierend – das Kunstwort Neonyt leitet sich ab vom altgriechischen Wort „neo“ (dt. neu, revolutionär) und dem skandinavischen Wort „nytt“ (dt. neu). „Das erneuerte Neu“ – Neonyt ist unser Synonym für den fundamentalen Transformationsprozess der Textil- und Modebranche, eine Neuinterpretation dessen, was bereits da gewesen ist und unseren Anspruch, nicht stillzustehen und gemeinsam positive Veränderungen voranzutreiben.

 
Für das Neonyt-Messeformat haben Sie sich mit Partnern - beispielsweise für Konferenzkomponenten und im Designbereich - verstärkt.
Welche Expertise bringen diese ein, und worin liegt der Mehrwert für Aussteller und Besucher?

Thimo Schwenzfeier: Wir wissen, mit welchen Zukunftsthemen sich unsere Brands und die Community gerade befassen und schaffen dafür die richtige Plattform – für persönliche Begegnungen und Austausch, für Networking und erfolgreiche Geschäftsabschlüsse. Schlicht gesagt: Wir machen Messen, wir veranstalten Events, wir sorgen für die richtigen Rahmenbindungen, wir connecten Menschen und Business. Die Neonyt bildet somit die globale Schnittstelle zwischen den unterschiedlichen Akteur*innen der Textil- und Modebranche – zwischen Industrie, Handel, Politik, Dienstleistung und Konsum. Und damit ein lebendiger, transparenter und vor allem authentischer Dialog zwischen allen Counterparts entstehen kann, greifen wir natürlich auf das Wissen von Branchenexpert*innen zurück und gehen starke Partnerschaften ein, um Fashion und Sustainability weiter nach vorne zu bringen. Denn nur gemeinsam können wir wirkliche Veränderungen erreichen und garantieren, dass unsere Community mit ausreichend und vor allem der richtigen Information versorgt ist, um eigenbestimmte Entscheidungen treffen zu können.
 

In den letzten Jahren trifft man allerorten in der Modeindustrie auf das Schlagwort Zirkularität – oder vielmehr auf Circularity und Closing the Loop. Ob Stella McCartney, die Ellen MacArthur Foundation, große Handelskonzerne – viele Akteure und Entscheider sind der Ansicht, dass nur in einer Kreislaufwirtschaft und nicht in einem – wie auch immer gearteten – Downcycling die Zukunft für die Modewelt liegt. Wie sieht das die Neonyt?
         
Thimo Schwenzfeier: Richtig, das Konzept der Circular Economy ist kein neues und auch nicht nur auf die Textil- und Modeindustrie begrenzt. Circularity – eigentlich das Nonplusultra für jedes Produkt, jede Indus–trie, für unsere globale Gesellschaft. Das Konzept ist vermeintlich einfach: Alle Materialien und Produkte werden in einem geschlossenen Kreislauf gehalten, die Nutzungsdauer erhöht und am Ende des Produktlebenszyklus wird alles wieder zurückgeführt. Viele nachhaltige Modelabels zeigen bereits, wie’s gemacht wird. Neonyt-Brands sind ganz vorne mit dabei und setzen jetzt schon Praktiken um, die schnellstmöglich zum Standard werden sollten: angefangen bei T-Shirts oder Schuhen aus recycelten Materialien und Rücknahmesysteme für Kollektionsteile über kompostierbare Kleidung, die sich am Ende des Produktlebenszyklus „auflöst“ und in ihre natürlichen Bestandteile zerfällt, bis hin zu Repair-Services und Leasing-Modellen für Denim und Co. – ganzheitlich denken, nachhaltig handeln und zirkulär produzieren, das sind definitiv die Trends der kommenden Modesaisons und mindestens ein wichtiger, wenn nicht sogar der wichtigste Bestandteil der zukünftigen Modewelt.

 
Damit der Gedanke einer Kreislaufwirtschaft erfolgreich implementiert werden kann, bedarf es eines Zusammenspiels von Technologie, Produktion, Design und Vertrieb. Welche Präsentationsoptionen und Kommunikationsformen hält die Neonyt für die verschiedenen Komponenten bereit?  

Thimo Schwenzfeier: Die kombinierte Innovationskraft aus den Bereichen Technologie, Nachhaltigkeit und Digitalisierung ist ein wichtiger Treiber für die aktuellen Entwicklungen in der Textil- und Modebranche – auch beim Thema Circularity. Entlang der gesamten Wertschöpfungskette verändern sich Prozesse und Produktionsabläufe – die Branche muss sich größtenteils neu erfinden. Die Neonyt zeigt, wie dies nachhaltig erfolgreich funktioniert, mit dem international etablierten Konferenzformat Fashionsustain – mit Spin-offs in China, Europa und den USA –sowie dem ergänzenden Showcase. Diese beiden Formate bieten gemeinsam die ideale Mischung aus Orientierung und Inspiration, um die Branche für die Zukunft zu wappnen. Virtuelle Mode, authentische Marken und textile Wertschöpfungsketten, Wissenschaft und Innovation sowie Retail, Business Models und Impact Investment – bei der Fashionsustain tauschen sich hochkarätige Expert*innen mit einem interessierten Fachpublikum aus und diskutieren den Wandel und neue Lösungen der Textil- und Modebranche. Der Neonyt Showcase vertieft die Themen und Innovationen, die auf der Bühne der Fashionsustain präsentiert und diskutiert werden. Expert*innenwissen on-demand sozusagen: ob Microfactories oder Installationen – Neonyt-Brands aber auch Brands aus dem restlichen Texpertise Network der Messe Frankfurt, wie zum Beispiel Aussteller*innen der Texprocess, bekommen so die Chance, nachhaltige Innovationen, neue Technologien und Materialien, Initiativen, Change-Maker-Kampagnen oder Forschungsprojekte zu präsentieren und in den direkten und praxisnahen Austausch mit der internationalen Cross Sector-Community der Neonyt zu treten.
 

Das letzte Jahr war aufgrund der Pandemie-Situation für Messeunternehmen eine bisher ungesehene Herausforderung. Auch die Neonyt hat es getroffen – und Präsenzveranstaltungen mussten abgesagt werden. Mit einem digitalen Format „Neonyt on Air“ haben Sie versucht, Ausstellern und Besuchern eine alternative Plattform zu bieten. Wie sind Ihre Erfahrungen: Haben der Messefokus und dessen Community vielleicht sogar dazu beigetragen, eine solche virtuelle Veranstaltung einfacher zu platzieren?  

Olaf Schmidt: Corona hat bereits vieles verändert und wird das sicherlich auch weiterhin auf die eine oder andere Art tun. Dennoch wird es weiterhin unsere Aufgabe als Messeveranstalter sein, der Industrie die bestmöglichen Begegnungsplattformen anzubieten, um ihre neuen Produkte weltweit zu präsentieren. Wir sind fest davon überzeugt, dass sich auch in Zukunft Menschen persönlich begegnen möchten, um sich über neue Produkte und Dienstleistungen auszutauschen. Das gilt ganz besonders für den Bereich Textil, in dem Haptik eine ganz entscheidende Rolle spielt. Wir gehen davon aus, dass sich nach der Krise sogar ein gewisser Nachholeffekt einstellt. Denn was die letzten beiden sehr erfolgreichen digitalen Saisons der Neonyt on Air beispielsweise dennoch deutlich gemacht haben: Mode lebt von Persönlichkeiten, von Inszenierung und Inspiration. Da können digitale Formate begleiten, aber keinen vollen Ersatz bieten.
 
Thimo Schwenzfeier: Die digitale Neonyt on Air war bei Weitem kein voller Ersatz für die ausgefallenen physischen Saisons, aber dennoch ein voller Erfolg. Eine Woche lang diskutierten Fashion-, Lifestyle- und Digitalexpert*innen in zahlreichen Keynotes, Interviews und Panel Discussions über mehr Authentizität, Unmittelbarkeit und Transparenz in der Textil- und Modebranche. Mit mehr als 24.000 internationalen Follower*innen auf Instagram generierten wir mit unseren „Presenting Partners“ Grüner Knopf, Hessnatur und Oeko-Tex in nur fünf Tagen rund 50.000 Impressionen und mehr als 4.700 Content-Interaktionen. Diese Zahlen zeigen, dass das Thema Nachhaltigkeit in der Mitte der Gesellschaft angekommen ist und branchenübergreifend diskutiert wird. Ich denke, dass die Polarisierung und vor allem die vorherrschenden Einschränkungen, was Handel und Commerce angehen, sicherlich dazu beigetragen haben, ein erfolgreiches digitales Format abzuhalten. Digitalisierung war in dem Fall wirklich der Booster für die Modeindustrie: Statt den persönlichen Austausch zu ersetzen, hilft sie gerade in der aktuellen Zeit dabei, die Geschäftstätigkeit von Brands aufrecht zu erhalten und auszubauen. Und ganz klar, der Bedarf an Austausch in der Fashion-Branche und die Motivation, gemeinsam einen Wandel einzuleiten, sind weiterhin enorm. Das hat uns Neonyt on Air nochmals deutlich gezeigt. Aber wir freuen uns bereits jetzt auf die nächste physische Ausgabe der Neonyt.
 

Die COVID19-Pandemie hat auch in der Textil- und Bekleidungsbranche deutliche Spuren hinterlassen. Wenn Sie auf ein knappes Jahr „Ausnahmezustand“ zurückblicken – was nehmen Sie an positiven Erfahrungen mit, wo sehen Sie Nachbesserungsbedarf, für welche Unterstützung sind Sie dankbar und wo haben Sie sich allein gelassen gefühlt?  

Olaf Schmidt: Ein Jahr wie kein anderes – das lässt sich über das letzte wohl eindeutig sagen. Die Corona-Pandemie traf alle unvorbereitet, uns als Messeveranstalter, aber natürlich auch unsere Austeller*innen, Besucher*innen und Partner*innen. Vor allem in unmittelbarer Zukunft müssen wir weiterhin damit rechnen, dass Messen zunächst erst einmal nur unter strengeren Sicherheits- und Gesundheitsvorgaben stattfinden können. Die Messe Frankfurt hat hier schnell reagiert und dazu ein umfangreiches Schutz- und Hygienekonzept erarbeitet. Klar war: Wir alle müssen uns umstellen und mit einer neuen Situation umgehen. Und das haben wir bisher gemeinsam super gemeistert, das Teamverständnis untereinander, der enge Kontakt – zwar physisch auf Abstand, aber global vernetzt – zwischen allen Involvierten, lässt mich positiv gestimmt in die Zukunft blicken. Für mich ist eine wichtige Erkenntnis dieser globalen Pandemie, ein Credo schon fast, offen für neue Wege und Chancen zu sein und eher Möglichkeiten zu finden, Dinge zu kombinieren als sie zu trennen: Hybride Lösungen sozusagen.    

Thimo Schwenzfeier: Für die Neonyt gab es gab keinen Masterplan und stellenweise trat auch das Gefühl in den Vordergrund, man müsse jetzt für „das Rad neu erfinden“: Wie funktioniert Zusammenarbeit, wenn persönliche Treffen nicht stattfinden können? Kann digitalisierte Nähe die aktuell auferlegte soziale Distanzierung auffangen und ermöglichen, trotzdem eng zusammenzuarbeiten? Wie können Geschäftsbeziehungen gepflegt werden, während Läden geschlossen haben? Wie können Prioritäten gesetzt werden, wenn erprobte Lösungen und etablierte Jahrespläne ihre Gültigkeit verlieren? Wer bin ich selbst, wer sind ‚die anderen‘ und was macht Gemeinschaft aus? Nie waren Fragen zu unserem Schaffen und Dasein, zu dem, was uns ausmacht und dazu, wer oder was wir sein wollen, relevanter als jetzt gerade. Etwas, das ich aus der aktuellen Zeit mitnehme und das mich trotz schwieriger Umstände weiter positiv nach vorne blicken lässt, ist die Tatsache, dass der Zusammenhalt untereinander und die Solidarität miteinander – privat wie beruflich – enorm an Bedeutung gewonnen haben. Die Krise hat wie eine Lupe bestehende Chancen, aber auch Herausforderungen vergrößert und das Essenzielle in den Fokus gerückt. Ich denke, wenn wir weiterhin versuchen, Dinge bewusster zu erleben und nicht als selbstverständlich ansehen, solidarisch handeln und koopetitiv arbeiten, schaffen wir es gemeinsam, ein „New Normal“ zu definieren und gestärkt aus dieser Krise hervorzukommen.
 

Wie früher in Berlin, so ist die Neonyt aktuell auch in Frankfurt im Umfeld der Fashion Week zusammen mit konventionellen Messe-Angeboten platziert. Können Sie sich vorstellen, dass ein besonderes Veranstaltungskonzept wie die Neonyt in einigen Jahren unnötig sein wird, da sich weltweit in der Bekleidungsindustrie das Circularity-Konzept durchgesetzt hat?

Olaf Schmidt: Klares Nein. Nachhaltigkeit per se ist schon jetzt kein Alleinstellungsmerkmal mehr. Wichtig ist, am Zahn der Zeit zu bleiben, sich an Trends zu orientieren oder besser noch neue Trends selbst aufzuspüren und sie weiterzuentwickeln. Dinge, Strategien, Konzepte werden sich immer ändern – wenn uns das letzte Jahr eines gezeigt, dann sicherlich das. Es ist mehr als wünschenswert, dass wir alle aus dieser Krise lernen und uns auf die wirklich wichtigen Werte besinnen, auf die Solidarität zwischen Partner*innen, auf Klimaschutz und Nachhaltigkeit. Möglicherweise werden genau deshalb Unternehmen, die besonders viel Wert auf Nachhaltigkeit legen, noch stärker aus dieser Krise hervorgehen. Sie können also sicher sein, dass wir als internationaler Leitmesse-Veranstalter für die Textilwirtschaft auch weiterhin auf Nachhaltigkeit setzen und zukunftsorientierte Unternehmen und Lösungen unterstützen werden. Obsolet werden unsere Formate durch die Etablierung und Normalisierung von ganzheitlichen Geschäftspraktiken im Textilsegment dadurch aber nicht. Eine exakte Prognose für die kommenden Dekaden abzugeben, ist aber unmöglich. Über die letzten Monate haben wir selbst alle im persönlichen Alltag oder im Berufsleben gemerkt, wie unsicher und volatil die Zukunft ist. Was jedoch klar ist, ist, dass sich die Modebranche – die Welt allgemein – noch schneller verändern wird als bisher. Und darin liegt dann wiederrum die Chance für Formate wie die Neonyt. Die zehnjährige Geschichte zeigt, in wie vielen Richtungen sich die Neonyt schon weiterentwickelt hat, inhaltliche Fokuspunkte geshiftet sind und sie sich neoneu erfunden hat – das wird auch in Zukunft so bleiben.
 

Herr Schwenzfeier, seit 2018 sind Sie neben Ihrer Aufgabe als Leiter Marketing-Kommunikation der Textilmessen der Messe Frankfurt auch Show Director der Neonyt. Sie haben mit vielen Ausstellern und Besuchern gesprochen – welche Ideen oder Kreationen haben Sie besonders beeindruckt?

Thimo Schwenzfeier: Ich glaube, es sind weniger die einzelnen Innovationen oder Kreationen der Aussteller*innen unserer Messen. Und ich wähle hier bewusst den Plural. Denn in meiner Funktion als Leiter der Marketingkommunikation im Bereich Textiles & Textile Technologies der Messe Frankfurt ist die Neonyt nur eine „meiner“ Veranstaltungen. Ich glaube, es ist mehr die Fülle an modischen, technischen und fachlichen Neuheiten, die Brands, Labels, Unternehmen, Start-Ups und Designer*innen jährlich präsentieren. Aber müsste ich wirklich eine Innovation wählen, dann wären das wohl die veganen „Currywurst“ Sneaker aus rotem Pfeffer und recycelten PET-Flaschen – beim selben Label gibt es auch Schuhe aus Holz, Stein, Kaffee und Pilzen oder mittlerweile sogar Meteoritenteilchen. Es ist beeindruckend, in jeder Saison aufs Neue erleben zu können, wie kreativ die Textil- und Modebranche ist.
 

Neue Wege zu gehen, bedeutet Entscheidungsfreudigkeit, Überwindung von Ängsten – und damit auch Mut zum Scheitern. Nicht jedes Projekt kann gelingen. Über welche unternehmerische Entscheidung der Messe Frankfurt sind Sie im Nachhinein besonders froh, dass sie so getroffen wurde?
 
Olaf Schmidt: Eindeutig die Entscheidung, die Neonyt zu gründen. Ein eigenes Messeformat für Mode, Nachhaltigkeit und Innovation zu schaffen und die Freiheiten und den Lifestyle, die dieses Thema mit sich bringen in unser Event zu integrieren. Nach mehr als einer Dekade verabschieden wir uns 2021 zwar vom Standort Berlin, aber nicht von unserer Community und unseren Spirit. Gemeinsam blicken wir zurück auf viele modische Saisons und tolle Locations in der Hauptstadt: angefangen im Hotel Adlon Kempinski über das Ewerk, den Postbahnhof, den Kronprinzenpalais, das Funkhaus und das Kraftwerk bis zur letzten physischen Veranstaltung im Tempelhof. Mit dem Jahreswechsel und im Rahmen der Frankfurt Fashion Week steht für die Neonyt der Umzug in die Metropole am Main ins Haus. In Frankfurt prallen Welten aufeinander: Wolkenkratzer und Gründerzeitvillen. Bausünden und architektonische Meisterwerke. Business und Bürgerlichkeit. Rotlichtmilieu und Luxusmeile. In diesem Spannungsfeld setzt die Frankfurt Fashion Week neue Impulse. Und mitten drin die Neonyt. Die Zeichen stehen auf Neuanfang – ein Restart für die gesamte Fashion-Szene, gemeinsam heben wir Nachhaltigkeit auf das nächste Level – die Fokusthemen Applied Sustainability und Applied Digitisation lassen ein vollkommen neues Fashion Week-Ecosytem in Mainmetropole entstehen.
 

Wenn alles klappt, kann die Neonyt im Juli 2021 erstmals wieder als Face-to-Face-Veranstaltung durchgeführt werden. Wie sehen Ihre Planungen aus? Auf was und wen dürfen sich Besucher freuen? Und welches Backup für ein Worst-Case-Szenario gibt es?

Thimo Schwenzfeier: Natürlich ist es aufgrund der derzeit immer noch angespannten Lage rund um Covid-19 schwierig, verbindliche Aussagen zur nächsten physischen Veranstaltung zu treffen. Derzeit gehen wir aber davon aus, dass sich die Situation in den Sommer hinein entspannt und wir die Neonyt wie geplant und in einem sicheren, positiv gestimmten und nach vorne blickendem Umfeld in unserer Homebase Frankfurt veranstalten können. Die anhaltend volatile Lage macht es für uns alle notwendig, weiterhin mit Einschränkungen bei großen Veranstaltungen zu rechnen. Im Mittelpunkt unserer Planungen für die Neonyt im Sommer 2021 steht daher die Gesund aller – der Aussteller*innen, Besucher*innen, Partner*innen und Mitarbeiter*innen der Neonyt. Die Messe Frankfurt hat ein Konzept erarbeitet, das detaillierte hygienische Maßnahmen umfasst: Hygiene, Abstand und Frischluftzufuhr sind wichtige Faktoren, die wir mit den zuständigen Behörden in Frankfurt und den Verantwortlichen der Frankfurt Fashion Week abstimmen. Die Neonyt-Community bekommt zu gegebener Zeit Hinweise und Empfehlungen für den Messeauftritt und -besuch, die den aktuellen Bestimmungen entsprechen. Über ein konkretes Backup für ein Worst-Case-Szenario haben wir uns noch keine Gedanken gemacht, da wir Stand heute von einem physischen B2B-Event ausgehen – die letzten beiden Saisons haben aber bewiesen, sollte es nicht möglich sein, die Neonyt face-to-face zu veranstalten, dass wir mit der digitalen Neonyt on Air durchaus gut aufgestellt sind und das Format sicherlich noch ein weiteres Mal zur Sommerveranstaltung adaptieren könnten. Wir tauschen uns regelmäßig mit allen Marktteilnehmer*innen aus und versuchen auch von unserer Community mittels Umfragen ein Gefühl zu deren Einschätzungen und Wünschen zu bekommen. Abwarten und Tee trinken, würde man auch sagen – am Ende müssen wir uns auch danach richten, was die aktuelle gesundheitliche Lage erlaubt und welche Entscheidungen seitens Politik getroffen werden.

Das Interview führte Ines Chucholowius,
Geschäftsführerin der Textination GmbH

(c) JUMBO-Textil GmbH & Co. KG. CEO Andreas Kielholz (r.) und Business Development Manager Patrick Kielholz in der hochmodernen Produktionsstätte der JUMBO-Textil GmbH & Co. KG.
23.03.2021

JUMBO-Textil – Innovative Schmaltextilien neu definiert

Ein dynamisches Familienunternehmen als zukunftsorientierter Lösungspartner für Hightech-Elastics
 
Zusammen rund 32 Mrd. € Umsatz erzielen die verschiedenen Sparten der deutschen Textil- und Modeindustrie jährlich. Von den ca. 1.400 Unternehmen ist die weit überwiegende Zahl mittelständisch geprägt.
Speziallösungen Made in Germany sind gefragt. Die Bedeutung technischer Textilien wächst seit Jahren – ebenso wie deren Anteil am Umsatz. Textination sprach mit Andreas und Patrick Kielholz über innovative Produktlösungen, die Bedeutung von Familienunternehmen in der heutigen Zeit, Traditionen und Innovationen, Herausforderungen und den Mut zum Scheitern, Flugzeugbau, die Automobilwirtschaft, Medizintechnik und Taucheranzüge.

Ein dynamisches Familienunternehmen als zukunftsorientierter Lösungspartner für Hightech-Elastics
 
Zusammen rund 32 Mrd. € Umsatz erzielen die verschiedenen Sparten der deutschen Textil- und Modeindustrie jährlich. Von den ca. 1.400 Unternehmen ist die weit überwiegende Zahl mittelständisch geprägt.
Speziallösungen Made in Germany sind gefragt. Die Bedeutung technischer Textilien wächst seit Jahren – ebenso wie deren Anteil am Umsatz. Textination sprach mit Andreas und Patrick Kielholz über innovative Produktlösungen, die Bedeutung von Familienunternehmen in der heutigen Zeit, Traditionen und Innovationen, Herausforderungen und den Mut zum Scheitern, Flugzeugbau, die Automobilwirtschaft, Medizintechnik und Taucheranzüge.


Die Geschichte des heutigen Unternehmens „JUMBO-Textil GmbH & Co. KG“ reicht zurück ins letzte Jahrtausend. 1909 in Wuppertal gegründet, haben Sie die Produktion reiner Meterware für die Wäscheindustrie hinter sich gelassen und sind inzwischen ein gefragter Kompetenzpartner für Hightech-Lösungen bei Schmaltextilien. Auf welche Industrien konzentrieren Sie sich bei der Entwicklung Ihrer technischen Textilien?

Andreas Kielholz: JUMBO-Textil konzentriert sich auf besondere Kompetenzen im Bereich der Schmaltextilien und nicht auf besondere Branchen. Wir produzieren Schmalgewebe, Schmalgeflechte und Gewirke. In diesen drei Feldern spielen wir unsere besonderen Kompetenzen aus: Elastics, Individuallösungen und individuell konfektionierte Bauteile in Verbindung mit nichttextilen Komponenten. Es gibt natürlich eine langjährige intensive Zusammenarbeit beispielsweise mit Kunden aus der Automotive-Branche, so gesehen ist JUMBO-Textil auch ein „Innenraum-Experte“. Das bedeutet aber keine Konzentration auf eine bestimmte Branche. Im Gegenteil: Mit Blick auf Branchen sind wir sehr breit aufgestellt. Es öffnen sich immer wieder neue Felder; zuletzt haben wir mit speziell für Babys und Kleinkinder entwickelten Textilien die Spielzeug-Industrie und mit hautfreundlichen Elastics die Medizintechnik mit schmaltextilen Lösungen versorgt.

 
Stichwort Elastics – wie kam es zu der Spezialisierung?

Patrick Kielholz: Bereits in den 20er-Jahren des letzten Jahrhunderts begann die Spezialisierung auf elastische Schmaltextilien. In unserem Eingangsbereich steht eine der ersten Spezial-Flechtmaschinen, die dafür angeschafft wurde. Sie ist etwa 100 Jahre alt. Eine richtungsweisende Entscheidung: Sie hat den Schritt von den Bekleidungstextilien zu den technischen Textilien, der – viele Jahre später – überlebenswichtig wurde, wenn nicht möglich gemacht, dann doch zumindest erheblich vereinfacht.

 
Was zeichnet Elastics aus? Warum ist die Eigenschaft für technische Textilien so wichtig?

Andreas Kielholz: Technische Textilien sind bekanntlich Textilien, die für eine bestimmte technische Funktion entwickelt werden. Sie müssen, wenn man so will, etwas können: eine Last sichern, eine Öffnung abdichten, vor Hitze schützen ... Viele dieser industriellen Funktionen können nur mit elastischen Textilien erfüllt werden – von Einsätzen im Flugzeugbau über Schutzanzüge für Taucher bis zu Textilien in der Medizin. Oft ist es gerade das spezifische, hochpräzise definierte Kraft-Dehn-Verhältnis, das den Einsatz in solch extremen, höchst anspruchsvollen Anwendungen möglich macht. Innovative Fasern werden bei uns an hochmodernen, digital gesteuerten Anlagen gefertigt und veredelt. So erreichen wir bei den Dehneigenschaften höchste Präzision und Sicherheit und produzieren mit Hochleistungsfasern ein textiles Hightech-Produkt für extreme, oft individuell angefragte technische Anforderungen.


Und wie sieht Ihr Produktportfolio für Ihre Kunden insgesamt aus?
          
Patrick Kielholz: Das Spektrum reicht von Webbändern und Gurten über Flechtlitzen, Flechtschläuche und Flechtkordeln bis zu Netzen – in allen Breiten, aus zahlreichen Rohstoffen und mit spezifischen, auch anspruchsvollen Eigenschaften, Besonderheiten, Konfektionierungen. Als Lösungspartner begleiten wir Kunden oft von der ersten Idee bis zum fertigen Produkt.
Die Bedeutung von Schmaltextilien als Bauteil wächst zusehends. Da sie sehr leicht, sehr leistungsfähig und dabei sehr leise sind, kommen sie immer häufiger als Alternative zu Bauteilen aus anderen Materialien zum Einsatz. Die Anforderungen an die Textilien wachsen mit ihren Aufgaben: Ihre Spezifikationen werden immer präziser, die Toleranzen immer enger. Im Automotive-Bereich und bei Schutzausrüstungen etwa spielen Brandschutzanforderungen eine wichtige Rolle. Wir haben erste Erfolge mit Schmaltextilien, die permanent flammhemmend sind. Aktuell bedienen wir viele Anfragen für Fitnessbänder mit höchst präzise definiertem Kraft-Dehn-Verhältnis. Auch auf die Nachhaltigkeitsfrage antworten wir mit unserem Portfolio: Wir arbeiten immer häufiger an Projekten mit recycelten Materialien oder recycelbaren Produkten. Diese Entwicklung ist eingebettet in eine umfassende Nachhaltigkeitsstrategie, mit der wir uns – auch im Zusammenhang mit der Neubauplanung unseres Schwesterunternehmens vombaur GmbH & Co KG – übergreifend für die gesamte Gruppe beschäftigen.

 
Was hat den Entwicklungsprozess des Unternehmens von rund 110 Jahren besonders beeinflusst? Gab es einschneidende Richtungswechsel oder Entscheidungen?

Andreas Kielholz: In den 70er-Jahren haben wir unser Angebot enorm verbreitert, indem wir technische Schmaltextilien nicht mehr nur für die Bekleidungsindustrie produziert haben, sondern für alle Branchen. Gleichzeitig haben wir uns weiter spezialisiert – auf Elastics. Das ist kein Widerspruch: Wir setzten das um, was wir besonders gut können, das aber für alle Industrien.
In der jüngeren Unternehmensgeschichte haben wir mit unserem Neubau 2016 einen starken Schub gemacht. Es wurden optimale Produktionsbedingungen geschaffen. Mit einer Vielzahl neuer Produktionsanlagen sind wir auf dem neuesten Stand der Technik und hoher Produktionskapazität. Das Umfeld wirkt sich auch auf unser Team aus. Man spürt, hier wird gerne gearbeitet. Anfang 2019 haben wir wieder eine wichtige strategische Weiche gestellt, als wir unsere Kompetenzen mit der vombaur GmbH & Co KG unter dem Dach der Textation Group GmbH & Co. KG gebündelt haben.
 

Die zwei Traditionsunternehmen für anspruchsvolle Hightech-Schmaltextilien bleiben als Unternehmen und Marken eigenständig. Warum haben Sie sich für diesen Schritt entschieden, wie ist die Resonanz des Marktes und was können Sie anderen Produzenten in Sachen Partnerschaften empfehlen?

Andreas Kielholz: Wir haben als Schwesterunternehmen sehr gute Erfahrungen gemacht: Wissenstransfer, Messe-Auftritte, Digitalisierungsworkshops – die Partnerschaft ist in vielfacher Hinsicht fruchtbar. Aber – anders als im echten Leben – konnten wir uns unsere Schwester ja auch aussuchen. Die Partnerunternehmen müssen zusammenpassen. Klar, darauf muss man achten. Sie sollten Gemeinsamkeiten haben, ohne exakt dasselbe zu tun. Denn wenn sie einander zu ähnlich sind, besteht die Gefahr der Konkurrenz, bis hin zur Kannibalisierung einer der Marken.
Unser Konstrukt wird von unseren Marktbegleitern als gute und elegante Lösung wahrgenommen. Wir könnten für den ein oder anderen als Vorbild dienen. Vielleicht erweitern wir unseren Kreis in den nächsten Jahren auch noch. Offen dafür sind wir. Und auch bei den Kunden kommt unser Schritt positiv an. Neben all den anderen positiven Effekten lassen sich auch Nachfolge-Fragen in der Gruppe leichter lösen. Wir zeigen damit Zukunftsperspektive und Sicherheit.
 

In der mittelständischen Textilindustrie wurden und werden Unternehmen von Menschen geprägt – Gründerpersönlichkeiten, Inhaber/innen, Familien, die die textile Tradition und Innovation leben. Welche Eigenschaften sind es Ihrer Meinung nach, die Menschen mitbringen müssen, um in unserer nischenorientierten deutschen Industrie erfolgreich zu sein?

Andreas Kielholz: Erfolgreich und prägend sind Menschen mit Neugier und Zugkraft. Menschen, die gerne Neuland erkunden, zunächst im Denken und dann konsequent in der Umsetzung. Man sollte andere bei diesen Erkundungen begeistern können. Außerdem den Markt genau beobachten und entsprechend agieren, also den Status quo immer wieder hinterfragen. Selbstkritik ist deshalb auch wichtig: Ist unser Weg noch richtig? Erfüllen wir unseren Anspruch? Um als Unternehmen voranzukommen, muss man unermüdlich nicht nur im, sondern auch am Unternehmen arbeiten.     

Patrick Kielholz: Es kommt darauf an, Veränderungen zu erkennen und als Chance zu begreifen, nicht als Bedrohung. Da stimme ich voll zu. Die Idee jedoch, dass es die eine Gründerpersönlichkeit, der eine Inhaber und somit einzelne Personen sind, die ein Unternehmen erfolgreich machen, möchte ich stark in Frage stellen. Wir leben in einer sehr komplexen und schnelllebigen Welt, die von einer einzelnen Person nicht überblickt und begriffen werden kann. Verstehen Sie mich nicht falsch, großartige Ideen können von Einzelpersonen kommen und einem Unternehmen zum Erfolg verhelfen. Aber darauf dürfen wir uns nicht verlassen. Ein Unternehmen muss heute so geführt werden, dass Ideen von divergenten Teams entwickelt werden. Es ist ein Umfeld zu schaffen, das jeder Person die Möglichkeit gibt, etwas zu bewegen. Eine Führungsperson muss es also verstehen, funktionierende Teams zu entwickeln.
 

Herr Kielholz sen., Sie sind geschäftsführender Gesellschafter der JUMBO-Textil GmbH & Co. KG und einer der Geschäftsführer der vombaur GmbH & Co KG. Seit gut zwei Jahren haben Sie Ihren Sohn Patrick als  Business Development Manager von JUMBO-Textil an Ihrer Seite. Wie kam es dazu? Haben Sie Ihren Sohn ermutigt, in Ihre Fußstapfen zu treten?

Andreas Kielholz: Nicht ausdrücklich. Meine Söhne – es gibt noch Kevin, den Bruder von Patrick – hatten in ihrer Kindheit und Jugend viel Freiraum. Es war beiden immer freigestellt, wie sie ihr Leben gestalten wollen. Bei ihrer schulischen Ausbildung und im Studium habe ich versucht, alles vertrauensvoll zu unterstützen. Erziehung hat viel mit vorleben zu tun. Ich hatte immer viel Freude an meinem Tun, auch wenn es nicht immer einfach war. Diese Freude haben die beiden jeden Tag erlebt – und so mag ich sie implizit ermutigt haben.  
Dass Patrick jetzt dabei ist, sehr gute Arbeit leistet und schon viel Verantwortung trägt – darüber freue ich mich natürlich sehr. Er ist für mich ein gutes, vertrauensvolles Korrektiv, denn manches kann er besser als ich. Es besteht die hohe Wahrscheinlichkeit, dass auch Kevin nach Abschluss seines technischen Studiums zu uns stößt.
 

Sie, Herr Kielholz jun., haben Ihr Studium mit einer Masterarbeit zu Familienunternehmen abgeschlossen. Wie beurteilen Sie die Zukunft von Familienunternehmen in einer globalen Textilindustrie allgemein? Und wo sehen Sie hier JUMBO-Textil?

Patrick Kielholz: Familienunternehmen sind in der Regel Arbeitgeber, die ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter lange an ihr Unternehmen binden – durch eine familiäre Arbeitsumgebung und eine Unternehmenskultur, die Vertrauen schafft. Dazu gehören unter anderem Werte, die den jüngeren Generationen wichtig sind. Statussymbole verlieren an Bedeutung. So kann ein Arbeitsumfeld geschaffen werden, in dem hoch innovativ und flexibel gearbeitet werden kann – wenn es nicht durch eine zu patriarchalische Struktur verhindert wird. Daran können Familienunternehmen meist noch arbeiten. Wir versuchen, in der Textation Group mit JUMBO-Textil und vombaur ein solches innovationsfreudiges Umfeld zu schaffen und so in Zukunft der beste Lösungspartner für Schmaltextilien zu sein.
 

Sie fertigen ausschließlich am Standort Deutschland. Warum? Sind Sie nie in Versuchung geraten, von einem niedrigeren Lohnniveau in anderen Ländern zu profitieren?

Andreas Kielholz: Wir positionieren uns als hoch qualifizierter Lösungspartner und wollen unseren Kunden exzellente Expertise auf dem Gebiet der Schmaltextilien liefern. Das können wir am besten in einem Land mit sehr guten Aus- und Weiterbildungschancen. Das ist für uns der Standort Deutschland. Natürlich arbeiten wir auch arbeitsteilig mit eng angebundenen Partnern in Osteuropa.
 

Maßgeschneidert statt Lösungen für Großkunden: Das Thema Individualisierung bis zur Losgröße 1 nimmt heute einen breiten Raum ein. Am neuen Standort in Sprockhövel haben Sie erheblich in innovative Produktionstechnik investiert. Wie stehen Sie zu individuellen Produktlösungen, und in welchen Anwendungsbereichen haben Sie diese bereits erfolgreich umgesetzt?
     
Andreas Kielholz: Wir produzieren keine Maßanzüge, sondern Meterware. Losgröße 1 – das hat bei uns eine spezielle Bedeutung: Wir entwickeln im Austausch mit unseren Kunden für ein Projekt – einen Autositz in einem Geländewagen, eine Laufkatze an einem Kran, ein Exoskelett, einen Baby-Greifring, ganz gleich – wir entwickeln also für dieses eine Projekt ein textiles Bauteil. Individuell spezifiziert für die jeweilige konkrete Anwendung und ihre Anforderung – also etwa mit Blick auf Dehnfähigkeit, Temperaturbeständigkeit, Hautfreundlichkeit usw. Alle Eigenschaften des Textils wer-
den individuell konfiguriert. Und dann wird es in der erforderlichen Menge produziert. Das ist durchaus eine maßgeschneiderte Lösung. Wenn also das Kundenprojekt der Maßanzug ist, dann ist „Individualisierung bis zur Losgröße 1“ bei uns Tagesgeschäft. Denn das ist es, was wir tun.
 

Was braucht es für solche Lösungen?

Patrick Kielholz: Ein enger Austausch ist für solche Individuallösungen wichtig, aber auch genaues Branchenwissen und Kenntnis der jeweils geltenden Normen. Manche Kunden unterstützen wir bis zur Produktanmeldung und Beratung in Sachen Technische Lieferbedingungen und Dokumentation. Know-how und Erfahrung gehen für Individuallösungen über textiltechnisches Fachwissen weit hinaus. Entscheidende Basis ist dabei, das Produkt des Kunden, den Herstellungsprozess und seinen Anwendungszweck zu verstehen. Wir wollen eine vollständige Lösung bieten, die dem jeweiligen Kundenunternehmen den größten Nutzen liefert. Das beginnt mit der Auswahl des Rohmaterials und endet mit der Nutzung durch die Endverbraucher.


Neue Wege zu gehen, bedeutet Entscheidungsfreudigkeit, Überwindung von Ängsten – und damit auch Mut zum Scheitern. Nicht jedes Projekt kann gelingen. Über welche unternehmerische Entscheidung sind Sie im Nachhinein besonders froh, sie getroffen zu haben?

Andreas Kielholz: Die mutigen Entscheidungen zum Neubau von JUMBO-Textil, der unternehmerische Zusammenschluss mit vombaur und der auch hier geplante Neubau zählen dazu – und: meinen Sohn mit ins Executive Board eingebunden zu haben. Er bringt eine neue, andere Perspektive mit ins Unternehmen, die uns enorm bereichert. Außerdem macht es mir einfach Freude. Wer sieht schon täglich seine erwachsenen Kinder?

Patrick Kielholz: Ja, das brauchte Mut zum Scheitern. (lacht) Im Ernst: Nicht jedes Ergebnis einer Entscheidung lässt sich so fix datieren wie die Inbetriebnahme unseres Neubaus. In manchen Prozessen stecken wir gerade mittendrin. Die Digitalisierung etwa haben wir früh begonnen, abgeschlossen wird sie ganz sicher nie sein. Sie hat unendlich viele Facetten – von der Materialwirtschaft über die Produktentwicklung, die Qualitätssicherung bis zu den internen und externen Prozessen. Ein unglaublich dynamisches Thema, das sich ständig weiterentwickelt und neue Verbesserungspotenziale eröffnet. Da braucht es kluge Menschen, die im Team die Themen voranbringen wollen, sonst hinkt man hinterher, statt voranzuschreiten. Das Gleiche gilt in Sachen Nachhaltigkeit – auch ein Thema, das nicht wie so oft als ungewolltes Übel, sondern als Chance betrachtet werden muss.

Andreas Kielholz: Das ist der springende Punkt: Es kommt darauf an, als Unternehmen durch solche Mega-Themen nicht getrieben zu werden, sondern die Entwicklung selbst aktiv voranzutreiben.
 

Welche Bedeutung spielt der Nachhaltigkeitsgedanke bei unternehmerischen Entscheidungen? Welche Zertifizierungen nutzen Sie und wo gehen Sie über gesetzliche Vorgaben hinaus?

Andreas Kielholz: Unser Qualitätsmanagementsystem ist nach der IATF 16949:2016 zertifiziert, eine von der Automotive-Industrie entwickelte Erweiterung der ISO 9001. Außerdem wurden wir mit der Formel Q Fähigkeit nach der kundenspezifischen Zertifizierung der VW Group mit einem Ergebnis von 95 % ausgezeichnet. Im Bereich Umwelt und Nachhaltigkeit sind wir zertifiziert nach der Umweltschutzmanagement-Norm ISO 14001:2015. Zahlreiche unserer Produkte erfüllen das OEKO-TEX® Zertifikat Produktklasse I. Darüber hinaus stehen wir ausdrücklich zu dem Anspruch, Menschenrechte, Arbeits-, Sozial- und Ökologiestandards in den wirtschaftlichen Wertschöpfungsprozessen durchzusetzen, wie sie im Code of Conduct der deutschen Textil- und Modeindustrie formuliert sind.

Patrick Kielholz: Auch hier übrigens zeigt sich ein Spezifikum von Familienunternehmen. Die Ansprüche an das Unternehmen und die Werte, für die es steht, sind sehr viel stärker persönliche Ansprüche. Die Menschen müssen und möchten sich auch als Person an diesen Ansprüchen messen lassen. Sie können und wollen sich nicht in der Anonymität von Aktiengesellschaften wegducken. Ein Familienunternehmer ist mit den Stakeholdern seines Unternehmens auch persönlich verbunden und hat deshalb ein stärkeres Interesse, soziale, ökologische und wirtschaftliche Nachhaltigkeit zu verfolgen.


Wie sehen Sie die Bestrebungen anderer Staaten, beispielweise Chinas, sich dem Thema Nachhaltigkeit zunehmend zu widmen? Wird damit künftig ein wichtiges Alleinstellungsmerkmal im Vergleich Europa – Asien entfallen?

Andreas Kielholz: Das Thema Nachhaltigkeit ist noch nicht an seinem Peak angekommen, sprich: Die Nachfrage wird auch hier weiter steigen. China wird stärker, aber auch Europa arbeitet daran, seine Vorreiterrolle nicht zu verlieren. Die verstärkte Nachfrage und der Wettbewerb werden uns allen nutzen, insbesondere den agilen Unternehmen.
 

Die COVID19-Pandemie hat auch in der Textil- und Bekleidungsbranche deutliche Spuren hinterlassen. Wenn Sie auf ein knappes Jahr „Ausnahmezustand“ zurückblicken – was nehmen Sie an positiven Erfahrungen mit, wo sehen Sie Nachbesserungsbedarf, für welche Unterstützung sind Sie dankbar und wo haben Sie sich allein gelassen gefühlt?

Andreas Kielholz: Dadurch, dass wir uns den Anforderungen früh gestellt haben und – dank unseres zeitnahen, vielschichtigen Controllings – immer wissen, wo wir stehen, konnten wir schnell anpassen. So sind wir weitgehend gut durch die Krise gekommen. Die neu entwickelten Arbeitsformen – mobiles Arbeiten und Video-Konferenzen, teilweise auch inhouse – werden ergänzend Bestand haben. Auch in der Digitalisierung und in den neuen Medien sind wir deutlich weitergekommen.

     
Wenn Sie jemandem, der JUMBO-Textil nicht kennt, abschließend Ihr Unternehmen in 100 Wörtern vorstellen müssten: Was würden Sie sagen? Was macht Sie unverwechselbar?

Patrick Kielholz: JUMBO-Textil ist Lösungspartner – im Mittelpunkt unseres Denkens und Handelns stehen immer unsere Kunden. Für sie und ihre Projekte entwickeln und fertigen wir anspruchsvolle technische Schmaltextilien: präzise, passgenau und Made in Germany.

Andreas Kielholz: So viele Wörter brauche ich gar nicht: Höchste Qualitätsstandards, intensive Kundenbeziehung, Zuverlässigkeit und einzigartige Elastics-Expertise.

Patrick Kielholz: Das waren acht. (lacht)

Das Interview führte Ines Chucholowius,
Geschäftsführerin der Textination GmbH

 

(c) Schweizerische Textilfachschule STF
23.02.2021

Sustainability Management in Textiles - Interview mit Sonja Amport, Direktorin der STF

Kontaktbeschränkungen, Maskenpflicht, Homeoffice: Das Coronavirus hat unseren Alltag auf den Kopf gestellt und das öffentliche Leben nahezu auf Null reduziert. Durch die Auswirkungen der Pandemie hat sich der bestehende Handlungsdruck zur Erreichung der Sustainable Development Goals noch weiter erhöht. Und so ist es nicht verwunderlich, dass die Themenkomplexe Nachhaltigkeit, Klimaschutz und Digitalisierung im Bewusstsein von Industrie und Konsumenten an Boden gewinnen. Neue Managementqualitäten sind gefordert.

Textination sprach mit Sonja Amport, der Direktorin der Schweizerischen Textilfachschule über den neuen Ausbildungsgang Sustainability Management in Textiles. Nach Stationen in der Industrie und im Verbandswesen bringt die Betriebsökonomin mit Master im International Management ihr Wissen aus Textil, Bildung, Betriebswirtschaft sowie Marketing und Sales mit Elan und Herzblut seit 2015 bei der STF ein.

Kontaktbeschränkungen, Maskenpflicht, Homeoffice: Das Coronavirus hat unseren Alltag auf den Kopf gestellt und das öffentliche Leben nahezu auf Null reduziert. Durch die Auswirkungen der Pandemie hat sich der bestehende Handlungsdruck zur Erreichung der Sustainable Development Goals noch weiter erhöht. Und so ist es nicht verwunderlich, dass die Themenkomplexe Nachhaltigkeit, Klimaschutz und Digitalisierung im Bewusstsein von Industrie und Konsumenten an Boden gewinnen. Neue Managementqualitäten sind gefordert.

Textination sprach mit Sonja Amport, der Direktorin der Schweizerischen Textilfachschule über den neuen Ausbildungsgang Sustainability Management in Textiles. Nach Stationen in der Industrie und im Verbandswesen bringt die Betriebsökonomin mit Master im International Management ihr Wissen aus Textil, Bildung, Betriebswirtschaft sowie Marketing und Sales mit Elan und Herzblut seit 2015 bei der STF ein.

Die Geschichte der STF Schweizerische Textilfachschule hat 1881 begonnen. In diesem Jahr wurden Pablo Picasso geboren und Billy the Kid erschossen. Hoffmanns Erzählungen von Jacques Offenbach erlebten ihre Uraufführung und Thomas Alva Edison baute das erste Elektrizitätswerk der Welt. Am Stuttgarter Marktplatz öffnete das Warenhaus Breuninger und in Wismar das erste Geschäft von Rudolph Karstadt.
Was führte in dieser Zeit parallel zur Gründung der STF und welchen Werten fühlen Sie sich bis heute verpflichtet?

1881 blühte die Textilindustrie in der Schweiz. Unternehmen im Bereich Spinnerei, Weberei, Veredlung und weitere keimten auf. Jedoch fehlten ausgebildete Fachkräfte, welche die Maschinen hätten bedienen oder reparieren können. So kam es, dass die Unternehmen sich zusammentaten und die Schweizerische Textilfachschule gründeten. Ein Ort zur Aus- und Weiterbildung von Fachkräften für die Schweizer Textil- und Bekleidungsindustrie. Aus diesem Grund ist die STF auch heute noch genossenschaftlich organisiert. Entsprechend fühlen wir uns den Werten Kompetenz, Kundenorientierung, Innovation, Inspiration und Passion bis heute verpflichtet.

Wenn Sie jemandem, der die Schweizerische Textilfachschule nicht kennt, Ihre Bildungseinrichtung in 100 Worten vorstellen müssten: Wie definiert sich die Schule heute und auf welche Betätigungsfelder konzentriert sie sich?
Die STF Schweizerische Textilfachschule steht für eine nachhaltige Bildungskompetenz rund um den gesamten Lebenszyklus eines Textil-, Fashion oder Lifestyleproduktes. Mit dem «STF-LAB» positioniert sich die STF als Bildungsdienstleisterin mit drei Businessfeldern. Das Kernfeld ist die «Education», wo die STF zahlreiche Aus- und Weiterbildungen, von der Grundbildung über Bachelordiplome bis hin zum Master-Abschluss anbietet. Im «Incubator & Makerspace» (STF Studio) liegt der Hauptfokus auf der geteilten Infrastruktur, gegenseitiger Inspiration und damit dem gemeinsamen Vorwärtskommen. Im dritten Businessfeld dem «ThinkTank & Consulting» steht die Schule als Denkfabrik zur Verfügung, Fachexperten können «gemietet» werden und es wird Management auf Zeit angeboten.

Stichwort lebenslanges Lernen: Welche Weiterbildungsangebote hält die STF für die Textil- und Bekleidungsindustrie auch nach einem erfolgreichen Studienabschluss bereit?
Welche Branchenbereiche und welche Länder haben Sie im Fokus?

Einerseits bieten wir der Textil- und Bekleidungsindustrie und dem Handel vielseitige informelle Modulkurse, in welchen man sich innerhalb von 45 Lektionen einen guten Überblick zu einem speziellen Fachthema bilden kann. Beispiele dafür sind: Welding & Bonding, Smart & Functional Textiles, Start-up in Fashion oder das Steiger Stitch Modul, bei welchem man lernt, eigene Strickdesigns zu programmieren und diese anschließend an der STF an einer „Shared Machine“ ausstricken kann. Auch bieten wir jeweils zweiwöchige Intensiv-Sommerkurse an, wie beispielsweise in Sustainable Fashion Design. In der formalen Bildung kann ich unseren Master in Product Management Fashion & Textile in Deutsch oder unsere beiden CAS in Sustainability Management in Textiles empfehlen. Einmal mit Präsenzunterricht in deutscher Sprache und einmal per E-Learning in englischer Sprache. Derzeit fokussieren wir unsere Angebote auf die DACH-Region. Unsere Internationalisierungsstrategie wurde wegen Covid-19 jäh gestoppt. Dabei hatten wir mit englischen Masterangeboten insbesondere die Märkte Indien und China im Fokus. Wir stellen uns nun mit englischsprachigen Angeboten strategisch neu auf und starten ab 2022 wieder mit der Vermarktung. Das Ziel sind flexible, modulare Masterangebote mit einem hohen E-Learning-Anteil, so dass die Kosten moderat bleiben und das Reisen reduziert stattfinden kann.

Nachhaltigkeit – oder Sustainability – hat sich von einem Buzzword zu einer Selbstverständlichkeit gewandelt: Die jüngste OTTO Trendstudie sagt sogar, nachhaltiger Konsum ist im Mainstream der Gesellschaft angekommen. Was bedeutet das für die Textil- und Bekleidungsindustrie? Sind die Unternehmen personalseitig so aufgestellt, dass sie diesen Themenkomplex professionell in ihrem Leistungsportfolio verankert haben?
Die Schweizer Unternehmen haben erkannt, dass sie gegenüber den Mitbewerbern im Ausland nur eine Chance haben, wenn sie innovationsfähig sind, konsequent in einer Nische agieren und sich durch eine nachhaltige Produktion abheben können. Die Nachhaltigkeit ist somit ein absolut zentraler USP. In diesem Sinne beschäftigen sich viele Firmen damit und entsenden ihre Mitarbeitenden natürlich auch zu uns in die Weiterbildung.

Die STF bietet - im deutschsprachigen Raum bisher einzigartig - eine international anerkannte Weiterbildung im Bereich des textilen Sustainability Managements als Certificate of Advanced Studies CAS an.
Welche Teilbereiche von Design, Produktion, Prozessoptimierung bis zur Vermarktung bildet das Zertifikat ab?

Die STF bietet das international anerkannt Fachhoch-schulzertifikat in Zusammenarbeit mit SUPSI, der Scuola Universitaria Professionale della Svizzera Italiana im Tessin, an.

Im Studiengang betrachten wir aus ganzheitlicher Sicht und rund um die gesamte Wertschöpfungskette eines Textils, d.h. vom Design über die Produktion bis hin zur Vermarktung, die globalen Herausforderungen, wo Nachhaltigkeit als multilaterales Lösungskonzept fungiert. Zudem werden das normative und strategische Management der Nachhaltigkeit, Themen rund um die soziale Verantwortung sowie Initiativen und Standards für den Textilbereich beleuchtet. Ein wichtiger Bestandteil des CAS bilden Rohstoffe und Produkte, d.h. nebst nachhaltigen Fasern auch Stoffe oder der Einsatz von chemischen Mitteln. Nicht zuletzt werden auch Aspekte rund um Biodiversität, Animal Welfare, das Marketing, Labeling sowie mögliche Zukunftsszenarien und Best Practice Beispiele beleuchtet.

Für wen könnte das CAS Sustainability Management in Textiles spannend sein und warum? Welchen Push kann das Zertifikat im Berufsleben bewirken?
Das CAS ist einerseits für Führungspersonen interessant, die sich generell Gedanken über die strategische Ausrichtung eines Unternehmens machen, wie auch für Fach-Mitarbeitende in Design, Produktentwicklung, Einkauf, Verkauf oder im Qualitätsmanagement, wenn diese die Operationalisierung der Nachhaltigkeitsstrategie verantworten. Und selbstverständlich begrüßen wir jederzeit gerne junge Designer/innen mit eigenen Labels, die neue, nachhaltige Wege gehen und sich von anderen dadurch abheben möchten. Der Push im Berufsleben hängt stark mit der eigenen Persönlichkeit zusammen. Bisher haben jedoch alle Absolvierenden den Besuch der Weiterbildung als äußerst fruchtbar für den eigenen Karriereweg empfunden.

Wie steht es um die formalen Aspekte des CAS? Gibt es beispielsweise Auswahlkriterien, bis wann muss man sich anmelden, wie sieht der Stundenplan aus, auf welche Kosten müssen sich Interessenten einstellen?
Wir starten jeweils Ende August mit den Bildungsgängen. Eine frühzeitige Anmeldung, möglichst bis Mitte Mai, ist zu empfehlen, um sich einen Platz zu sichern. Im Präsenzlehrgang finden 120 Lektionen in Zürich und im Tessin statt, und es ist mit Kosten von CHF 5‘900.-, inkl. Lehrmittel und Prüfungsgebühren, zu rechnen. Im E-Learning-Kurs, mit einigen wenigen Präsenztagen vor Ort, werden die Inhalte synchron per MS-Teams durch i.d.R. dieselben Dozenten vermittelt. Hier beträgt der Studienpreis CHF 5‘600.-.

In diesen Kosten sind die persönlichen Auslagen sowie die Reise- und Übernachtungskosten noch nicht inkludiert. Interessierte entnehmen die Facts & Figures unserer Homepage:
(www.stf.ch/kurse/cas oder www.stf.ch/kurse/cas-online)

Die COVID19-Pandemie hat uns die Grenzen der Mobilität deutlich aufgezeigt. Wie haben Sie als Bildungseinrichtung darauf reagiert?
Die physischen Grenzen kann man mit E-Learning leicht überwinden. Unter anderem ein Grund, weshalb unser Unterricht während der gesamten Pandemie-Zeit ganz normal weiterlief. Für die Zeit nach Covid-19 planen wir, nebst Präsenz-Studienmodulen, auch weitere reine Online-Seminare, wie unseren CAS-Online. Diese werden vermehrt auch in englischer Sprache angeboten werden. Derzeit testen wir zudem mögliche Formen des hybriden Unterrichts. Dies bedeutet, während die einen vor Ort in Zürich beschult werden, können Personen mit langem Anfahrtsweg, wie z.B. aus der DACH-Region, dem Unterricht virtuell und live aus der Ferne beiwohnen.

Das letzte Jahr hat in der Textil- und Bekleidungsbranche deutliche Spuren hinterlassen. Wenn Sie auf ein Jahr „Ausnahmezustand“ zurückblicken – was nehmen Sie an positiven Erfahrungen mit, wo sehen Sie Nachbesserungsbedarf?
Es war definitiv ein Jahr des Ausnahmezustands! Positiv zu werten ist, dass wir an der STF bereit waren und ab Tag eins des Lockdowns online unterrichten konnten. Die Lernenden, Studierenden und mein Team zeig-ten alle größtes Verständnis und höchste Flexibilität. Doch als Institut im Textil-, Fashion- und Lifestyle-Bereich lebt der Unterricht auch von Anschauungsmaterialien. Die Garne und Stoffe fühlen und riechen zu können sowie über die Erfahrungen und das Erlebte persönlich zu diskutieren, sind wichtige Lernerfahrungen. Es ist definitiv eine Herausforderung, solche zentralen Lernelemente online umzusetzen. Alles in allem hat uns Covid-19 als Institution, rund um das Thema Digitalisierung, um gefühlte zwei Jahre nach vorne katapultiert. Dankbar wäre ich nun allerdings, wenn wir baldmöglichst zu einer Normalität zurückfinden könnten und zu einem Alltag mit „weniger Distanz“.

Neue Wege zu gehen, bedeutet Entscheidungsfreudigkeit, Überwindung von Ängsten - und damit auch Mut zum Scheitern. Nicht jedes Projekt kann gelingen. Über welche Entscheidung, die Sie für das Profil der STF getroffen haben, sind Sie im Nachhinein besonders froh?
Ich bin stolz sagen zu dürfen, dass die meisten in Angriff genommenen Projekte gelingen. Es gibt fast immer einen Weg. Manchmal muss man während dem Voranschreiten einfach etwas die Richtung anpassen, um ans Ziel zu gelangen. Eine wegweisende Neuerung war sicherlich die Modularisierung (fast) aller Studiengänge. Studierende haben so die Möglichkeit, von einer vielseitigen Wahlmöglichkeit zu profitieren und sich ihr eigenes Curriculum zusammenzustellen.

Eine zweite Entscheidung, über die ich dankbar bin, war, dass wir als kleines Institut bereits sehr früh sehr viel in den Ausbau unserer digitalen Fähigkeiten und in die Infrastruktur investiert haben. Das kommt uns nun zu Gute. Mit sehr gut ausgebildeten Dozierenden und einer Lernplattform, einer VM-Plattform und mo-dernster 3D-Software in verschiedenen Themenbereichen, zählen wir uns europaweit zu einem Vorreiter in Sachen E-Learning und Digitalisierung. Fähigkeiten, die zudem auch auf das Thema Nachhaltigkeit einzahlen.

Das Interview führte Ines Chucholowius, Geschäftsführerin der Textination GmbH

 

Weitere Informationen:

Gesucht: Start-ups mit Ideen für die Textilpflege © Foto: Messe Frankfurt Exhibition GmbH / Jens Liebchen
09.02.2021

Gesucht: Start-ups mit Ideen für die Textilpflege

Ob 24h-Belieferung, Statusverfolgung, grüne Verpackung, Textilrecycling oder innovative Reinigungstechnik: Neue Dienstleistungen haben das Potenzial, das Geschäft von Textilreinigungen und Wäschereien zu revolutionieren. Die Messe Frankfurt lädt deshalb Start-ups ein, sich mit ihren Produkten und Ideen auf der Texcare International zu präsentieren. Das weltweit wichtigste Event für die Textilpflege vom 27. November bis 1. Dezember 2021 in Frankfurt am Main bietet jungen Unternehmer:innen hervorragende Möglichkeiten, ihre Innovationen in den Markt zu tragen.

Ob 24h-Belieferung, Statusverfolgung, grüne Verpackung, Textilrecycling oder innovative Reinigungstechnik: Neue Dienstleistungen haben das Potenzial, das Geschäft von Textilreinigungen und Wäschereien zu revolutionieren. Die Messe Frankfurt lädt deshalb Start-ups ein, sich mit ihren Produkten und Ideen auf der Texcare International zu präsentieren. Das weltweit wichtigste Event für die Textilpflege vom 27. November bis 1. Dezember 2021 in Frankfurt am Main bietet jungen Unternehmer:innen hervorragende Möglichkeiten, ihre Innovationen in den Markt zu tragen.

Die Ansprüche von privaten Verbrauchern und gewerblichen Kunden an die Textilpflege sind enorm: Schnelligkeit, ständige Verfügbarkeit, transparente Kommunikation und nachhaltige Lösungen werden immer mehr vorausgesetzt. Johannes Schmid-Wiedersheim, Leiter der Texcare International bei der Messe Frankfurt sagt dazu: „Start-ups spielen eine wichtige Rolle, wenn es darum geht, die Digitalisierung und Nachhaltigkeit in der Textilpflege voranzutreiben. Oft gelingt es ihnen, wissenschaftliche Forschungsergebnisse oder Trends aus anderen Servicebranchen schnell in nützliche Produkte zu übertragen. Um das zu unterstützen, wollen wir auf der Texcare International junge, agile Unternehmen gezielt fördern und bieten ihnen ein attraktives Start-up-Paket an.“

Digitale Plattformen bieten Textilreinigern und Wäschern die Möglichkeit, ihr Angebot online zeitgemäß zu vermarkten. Was diese Plattformen so bedeutend macht, fasst Daniel Dalkowski, Geschäftsführer der Europäischen Forschungsvereinigung Innovative Textilpflege (EFIT), zusammen: „Digitale Plattformen gehören sicherlich zu den wichtigsten Errungenschaften der letzten Zeit, nicht nur wegen ihrer Anzahl, sondern auch weil sie Nachahmer in der Branche selbst gefunden haben. Die Innovation liegt hier in der Zusammenführung von Bestellung, flexibler Logistik und Abrechnung in einer Smartphone-App oder einer Online-Plattform.“

Mit ihren Robotiklösungen und Ansätzen zur künstlichen Intelligenz unterstützen junge IT-Unternehmen die Textilpflege auf dem Weg zur Smart Laundry. Wie Maschinen- und Anlagenbauer selbst von Start-ups profitiert haben, weiß Elgar Straub, Geschäftsführer VDMA Textile Care, Fabric and Leather Technologies: „Im Maschinenbau spielen Start-ups eine Rolle, die sich mit technischen Lösungen über alle Branchen hinweg beschäftigen, wie z.B. die virtuelle Inbetriebnahme von Maschinen oder die Optimierung der Prozesskette in der Produktion.“

Aber auch in anderen Disziplinen warten die Firmengründer mit ihren Ideen auf. Vor dem Hintergrund der Plastikmülldebatte gibt es beispielsweise zahlreiche Start-ups, die biologisch abbaubare Verpackungsmaterialien anbieten. Zudem sind auch im Textilrecycling Start-ups aktiv, die unter anderem gebrauchte Berufskleidung oder Wäsche aufbereiten und so zur Circular Economy beitragen. Und wie sieht es in Zukunft aus? Eines ist für die Experten gewiss: Künstliche Intelligenz und Automatisierung bieten sicherlich viel Potenzial für „Branchen-Outsider“ mit wirklichen Innovationen auf den Markt zu treten. Große Chancen auf Erfolg haben auch Verbesserungen in der Logistikkette von Wäschereien und Textilreinigungen.

Markteinstieg auf der Texcare International
Die Texcare International vom 27. November bis 1. Dezember 2021 bietet jungen Unternehmen hervorragende Möglichkeiten, um ihre Services bekannt zu machen und mit etablierten Unternehmen in Kontakt zu treten. Das Start-up-Paket der Messe Frankfurt beinhaltet einen schlüsselfertigen Stand.

Die Voraussetzungen zur Teilnahme:

  • Die Unternehmensgründung liegt nicht länger als zehn Jahre zurück. (Stichtag: 27.11.2021)
  • Das Start-up beschäftigt max. zehn Mitarbeiter.
  • Der Jahresumsatz beträgt nicht mehr als eine Millionen Euro (netto).
  • Das Jungunternehmen ist Anbieter für innovative Produkte oder Dienstleistungen speziell für die Textilpflegebranche.

Das Produktangebot der Texcare International umfasst Maschinen und Anlagen, Wasch- und Reinigungssubstanzen, IT und Logistiklösungen sowie Berufsbekleidung und Wäsche.

Weitere Informationen:
texcare Start-ups Startup
Quelle:

Messe Frankfurt Exhibition GmbH

(c) Claudia Bitzer
05.01.2021

Gute Geschichten erzählen - PR-Herausforderungen der mittelständischen Textilindustrie

Interview mit Claudia Bitzer, Inhaberin Bitzer PR, Albstadt

Das vergangene Jahr war nicht nur wirtschaftlich für viele Unternehmen eine große Herausforderung, auch in Sachen Kommunikation – gleich ob in der Werbung oder im PR-Bereich – mussten neue Wege beschritten werden. Kontaktbeschränkungen bis zum strikten Lockdown, der Wegfall vieler Messen, Kongresse oder anderer Veranstaltungsformate machten ein Umdenken erforderlich.

Textination sprach darüber mit Claudia Bitzer, Inhaberin der gleichnamigen PR-Agentur im baden-württembergischen Albstadt. Zu ihren Kunden zählen mittelständische Unternehmen aus der Textil- und Bekleidungsindustrie ebenso wie öffentliche Auftraggeber, Medien und Maschinenbauer.

Interview mit Claudia Bitzer, Inhaberin Bitzer PR, Albstadt

Das vergangene Jahr war nicht nur wirtschaftlich für viele Unternehmen eine große Herausforderung, auch in Sachen Kommunikation – gleich ob in der Werbung oder im PR-Bereich – mussten neue Wege beschritten werden. Kontaktbeschränkungen bis zum strikten Lockdown, der Wegfall vieler Messen, Kongresse oder anderer Veranstaltungsformate machten ein Umdenken erforderlich.

Textination sprach darüber mit Claudia Bitzer, Inhaberin der gleichnamigen PR-Agentur im baden-württembergischen Albstadt. Zu ihren Kunden zählen mittelständische Unternehmen aus der Textil- und Bekleidungsindustrie ebenso wie öffentliche Auftraggeber, Medien und Maschinenbauer.

Sie sind seit gut 5 Jahren mit Ihrer in Albstadt ansässigen PR-Agentur auch in Sachen Textilindustrie unterwegs. Wenn Sie sich jemandem, der Sie nicht kennt, in 100 Worten vorstellen müssten: Warum haben Sie sich nach der Tätigkeit in einer Agentur dazu entschlossen, Ihre eigene Chefin zu werden, und was zeichnet Ihre Arbeit aus?
Eigentlich hat mich die Selbstständigkeit angerufen: Ein Bekannter schlug mir vor, als Freelancerin die Kommunikation für seinen Arbeitgeber zu übernehmen, einen Textilmaschinenbauer auf der Alb. Beim Telefonieren hatte ich unseren zehn Tage alten Sohnemann auf dem Arm. Außerdem war ich PR-Beraterin bei Ketchum in Stuttgart. Weil ich neugierig war, habe ich mich in den nächsten Monaten trotzdem mal an die Sache rangetastet. Mit Erfolg: Die Textilmaschinen haben sich als überraschend greifbares Produkt herausgestellt, schließlich stellen sie die Kleidung her, die wir täglich am Körper tragen. Daraus hat sich mein Zugang zur Textilindustrie entwickelt, die ich heute als meine Home-Base bezeichnen würde.

Weil ich verschiedene Unternehmen entlang der textilen Kette betreue, habe ich eine Gesamtsicht der Industrie und kann übergreifende Geschichten mit verschiedenen Perspektiven anbieten. Außerdem habe ich ein Faible für komplexe, „staubige“ Themen, egal aus welchem Industriebereich. In die kann ich mich mit Hingabe vergraben, um sie anschaulich aufzubereiten. Deshalb würde ich mich als Content-Spezialistin bezeichnen.

Sie sprechen neben Deutsch, Englisch, Spanisch und Französisch fließend Schwäbisch. Warum ist es wichtig, regionale Wurzeln zu haben, wenn man für exportorientierte Unternehmen in der baden-württembergischen Textilindustrie tätig ist?
Das mit dem fließenden Schwäbisch haben Sie von meiner Website, stimmt’s (lacht)? Aber ja, es ist sehr hilfreich, wenn man fühlt, ob „gschwind“ noch einen Aufschub duldet oder sofort erledigt werden muss.

Richtig wichtig finde ich das Schwäbische im Hinblick auf die Mentalität, die dahintersteckt. Ich bin auf der Alb groß geworden, mein Vater hat sein eigenes mittelständisches Unternehmen geleitet. Viele Dinge verstehe ich, ohne dass ein Kunde sie mir extra erklären muss.

Zum Beispiel die Bescheidenheit in Bezug auf die eigene Person. Vor allem bei alteingesessenen Familienunternehmen kommt den Inhabern ja eine wichtige Rolle zu. Sie tragen eine große Verantwortung, in der Firma genauso wie an ihrem Standort. Im Fokus steht trotzdem immer die unternehmerische Leistung, das Produkt, das, hergestellt irgendwo in der schwäbischen Provinz, im deutschen, europäischen oder weltweiten Wettbewerb mithalten kann. Das kommt nicht von selbst, sondern erfordert Mut, Unternehmergeist und ganz viel Offenheit gegenüber Neuem, das fasziniert mich. Oft merke ich auch, dass die Leidenschaft, die diese führenden Familienunternehmen mitbringen, mich selbst mitreißt.

Neue Wege zu gehen, bedeutet Entscheidungsfreudigkeit, Überwindung von Ängsten - und damit auch Mut zum Scheitern. Nicht jedes Projekt kann gelingen. Über welche unternehmerische Entscheidung sind Sie im Nachhinein besonders froh, sie getroffen zu haben?
Abgesehen von der Selbstständigkeit an sich? Da war der erste Corona-Lockdown mit Home-Schooling und geschlossenen Kitas eine große Herausforderung. Einerseits war ich erleichtert, dass es zwischen Ende März und Anfang Juni kundenseitig stiller wurde, ansonsten wäre das weder beruflich noch familiär machbar gewesen. Andererseits hat mir diese Stille Angst gemacht und ich habe mich des Öfteren gefragt, ob die Selbstständigkeit der richtige Weg war.

Im Frühsommer, als sich die Lage allseits wieder etwas stabilisiert hatte, habe ich dann eine „Flucht nach vorne“ angetreten: Ich habe mich nach Co-Working-Spaces umgesehen und eine umfangreiche Weiterbildung im Bereich Online-Marketing belegt. In Wahrheit waren das natürlich unternehmerische Entscheidungen. Erfreulicherweise zahlen die sich bereits aus, auch wenn ich vorerst noch alleine im Büro sitzen darf.

Gibt es eine Arbeit, auf die Sie besonders stolz sind? Welche Geschichte hat Sie über das normale Maß hinaus bewegt, und welche thematischen Herausforderungen lieben Sie?
Ein Projekt, an das ich mich gerne erinnere, ist die Kommunikation rund um ein Schnapszahljubiläum, das einer meiner Kunden feierte. Dafür habe ich zuerst in wochen-, nein monatelanger Archivarbeit 111 Jahre Unternehmensgeschichte zu Papier gebracht. Weil ich mich so tief in das Thema eingearbeitet hatte, kamen mir viele Ideen für die Botschaften der Jubiläumsfeier. Erfreulicherweise war der Kunde schnell überzeugt. Irgendwann hatten wir ein Signet, einen Slogan und eine richtige gute Geschichte fürs Jubiläum. Von den zahlreichen Proof Points, die wir zu diesem Anlass ausgearbeitet haben, profitieren wir in der Produkt- und Unternehmenskommunikation übrigens bis heute.

Zudem hat dieses Projekt natürlich die Beziehung zu diesem Kunden vertieft. Auch mit der Werbeagentur, die die Jubiläumskommunikation begleitet hat, pflege ich eine enge Zusammenarbeit. Solche langfristigen Partnerschaften empfinde ich als großen Gewinn.

Haben sich in Corona-Zeiten die Botschaften geändert, die Sie für Ihre Auftraggeber kommunizieren möchten oder müssen? Und wo lagen die Arbeitsschwerpunkte im Jahr 2020?
Der Arbeitsschwerpunkt 2020 lag, wenig überraschend, im Bereich Online-Kommunikation. Bei fast allen meinen Kunden starten wir im kommenden Jahr mit der Planung und Umsetzung neuer Maßnahmen in diesem Bereich.

Was die Botschaften anbelangt, so hat sich wenig verändert. Das liegt sicherlich daran, dass die Metathemen dieselben geblieben sind. Nehmen wir Nachhaltigkeit, definitiv ein Dauerbrenner in der Textilindustrie, und das Unterthema Regionalität. Im Gegensatz zu bisherigen Krisen hat die Corona-Pandemie diese Ansätze nicht ins Abseits geschoben, sondern verstärkt, weil sie uns vor Augen geführt hat, wie abhängig wir von der Produktion im Ausland sind. Dasselbe gilt für die Themen Transparenz und Qualität.

Gerade weil die Themen dieselben geblieben sind, liegt für mich die Kunst darin, innerhalb dieser Dauerthemen die eigene Geschichte zu finden, um nicht im großen Strom zu verschwinden. Das erfordert Empathie, Kreativität – und eine ordentliche Portion Fleiß.

Weg von der einfachen Werbebotschaft zum Storytelling - welche Empfehlung würden Sie generell mittelständischen Unternehmen bezüglich ihrer Kommunikation für das kommende Jahr geben? Gibt es Besonderheiten, die insbesondere die Textilindustrie berücksichtigen sollte?
Ich denke, das wird in die Richtung „Wir sind noch da, und zwar stärker als früher“ gehen. Schließlich hat die Krise allen viel abverlangt. Sie ist aber auch immer eine produktive Phase, denn durch die Zuspitzung zwingt sie uns zu Weiterentwicklungen, die sonst nicht oder zumindest erst später auf den Weg gebracht worden wären. Deshalb kann sie einen Wendepunkt darstellen, durchaus zum Positiven.

Nehmen wir die Digitalisierung, das ist der offensichtlichste Ansatz: In diesem Bereich hat die Krise zu einem Schub geführt; der Online-Shop wurde oder soll ausgebaut werden, der Service soll digitaler werden.

Abgesehen davon gibt es in jedem Unternehmen mit Sicherheit individuelle Veränderungen, die die Krise herbeigeführt hat. Die darf man den Mut haben zu benennen und zu erzählen, denn das sind Geschichten, die alle interessieren.

Auf Wiedersehen Facebook – guten Morgen TikTok. Welche social media-Plattformen empfehlen Sie Ihren Kunden, und unter welchen Voraussetzungen sollten Mittelständler sich hier engagieren?
TikTok ist bisher eher ein Thema, das ich mit meiner knapp 12-jährigen Tochter diskutiere. Aber im Ernst: Erst kürzlich habe ich in einer von Hootsuite veröffentlichten Studie gelesen, dass Anfang 2020 weniger als zehn Prozent der Deutschen TikTok nutzen. Bei Facebook liegt der Nutzeranteil immer noch bei über 60 Prozent. Allein schon deswegen dürfen wir bei Facebook nicht so einfach abwinken.

Wenn ich mit meinen Kunden das Thema Social Media erörtere, ist es mir wichtig, nicht von den Kanälen her zu denken. Klar, das ist verführerisch, aber am Anfang sollten andere Fragen stehen: Was ist das langfristige Ziel der Social Media Aktivitäten? Welche Ressourcen sind vorhanden – und welche Mittel? Mittlerweile ist ja hinlänglich bekannt, dass Social Media ein eigenes, umfangreiches Aufgabengebiet ist, das entsprechende Ressourcen bindet. Im Mittelstand, wo ich selten auf eine mehrköpfige Marketing-Mannschaft zurückgreifen kann, ist eine solide Strategie das A und O. Es muss ganz, ganz klar sein, welche Zielgruppen angesprochen werden sollen. Dann kann ich über Kanäle sprechen und die wichtigsten auswählen. Ziemlich sicher dazu gehören LinkedIn und Xing, genauso wie Instagram und Facebook, letzteres vor allem im internationalen Umfeld. Genauso wichtig ist übrigens die Auswertung, die fällt gerne mal hinten runter. Der Zusammenhang von Messwerten und Unternehmenszielen ist alles andere als trivial.

Messen, Events, Pressekonferenzen und Meetings – das ist 2020 nahezu vollständig auf der Strecke geblieben. Für wie wichtig erachten Sie langfristig face-to-face-Kommunikation, und welche Kanäle und Maßnahmen empfehlen Sie Ihren Kunden, um diese Ausfälle aktuell zu kompensieren?
Der persönliche Kontakt bleibt wichtig! Natürlich haben wir alle im vergangenen Jahr festgestellt, dass nicht jede Veranstaltung eine Präsenzveranstaltung sein muss. Eine Videokonferenz spart Zeit und Geld und kann, mit der entsprechenden Disziplin, genauso zielführend sein wie ein persönliches Treffen. Viele Servicefälle sind auch per Videotelefonie zu lösen, da muss keiner durch die Gegend reisen. Ich bin daher überzeugt, dass wir nicht mehr zu der Präsenzkultur zurückkehren, die wir vor Corona hatten, auch wenn dies irgendwann wieder möglich sein wird.

Deshalb empfehle ich meinen Kunden, die digitalen Möglichkeiten zu nutzen, die sich allenthalben ergeben. Momentan sind alle noch Anfänger, da kann man nur dazu lernen. Nehmen wir virtuelle Messen: Das ist eine grundlegend andere Herangehensweise als bei der klassischen Präsenzmesse. Es braucht kein großes Messeteam, das von sechs bis 20 Uhr bereit steht. Auch Pressetermine gibt es keine. Viel wichtiger ist es, selbst mit den Besuchern Kontakt aufzunehmen, also Leads einzusammeln, die Besucher zu gruppieren und im Nachgang mit passgenauem Content in Kontakt zu bleiben. Apropos Content: Spätestens bei solchen Online-Events wird klar, wie vielfältig Inhalte aufbereitet werden müssen. Um Kunden im virtuellen Raum abzuholen, braucht es Grafiken, Videos, Ani-mationen und vieles mehr.

Nichts desto trotz wird es nicht ohne direkten, physischen Kontakt gehen. Menschen kaufen von Menschen, davon bin ich auch weiterhin überzeugt. Videokonferenzen funktionieren insbesondere dann gut, wenn sich die Teilnehmer bereits aus dem echten Leben kennen. Und vor allem die Textilindustrie lebt von der Haptik. Ein Garn oder einen Stoff kann ich digital nie erfühlen. Die Produktionsgeschwindigkeit einer Maschine übrigens auch nicht. Bei jeder Umdrehung entsteht ein leichter Windhauch. Den gibt’s nicht digital.

 

Das Interview führte Ines Chucholowius, Geschäftsführerin der Textination GmbH

(c) Pixabay
15.12.2020

Schutz vor Corona: Fortschritte in der Materialforschung an Instituten der Zuse-Gemeinschaft

Mit dem Jahresende wachsen die Erwartungen an einen baldigen Impfschutz gegen COVID-19. Bis es für weite Teile der Bevölkerung so weit ist, bieten 2020 in Forschung und Industrie erzielte Erfolge zum Schutz vor dem Virus eine gute Ausgangsbasis im Kampf gegen Corona und darüber hinaus. An Instituten der Zuse-Gemeinschaft wurden Fortschritte nicht nur in der Medizin-, sondern auch in der Materialforschung erzielt.

Mit dem Jahresende wachsen die Erwartungen an einen baldigen Impfschutz gegen COVID-19. Bis es für weite Teile der Bevölkerung so weit ist, bieten 2020 in Forschung und Industrie erzielte Erfolge zum Schutz vor dem Virus eine gute Ausgangsbasis im Kampf gegen Corona und darüber hinaus. An Instituten der Zuse-Gemeinschaft wurden Fortschritte nicht nur in der Medizin-, sondern auch in der Materialforschung erzielt.

Zu diesen Erfolgen in der der Materialforschung gehören Neuerungen in der Beschichtung von Oberflächen. „Im Zuge der Pandemie ist die Nachfrage nach antiviral und antimikrobiell ausgestatteten Oberflächen stark gestiegen, und wir haben unsere Forschung in diesem Bereich erfolgreich intensiviert“, erklärt Dr. Sebastian Spange, Bereichsleiter Oberflächentechnik beim Jenaer Forschungsinstitut INNOVENT. Er rechnet künftig zunehmend mit Produkten, die über antiviral ausgestattete Oberflächen verfügen „Unsere Tests mit Modellorganismen zeigen, dass eine entsprechende Beschichtung von Oberflächen wirkt“, betont Spange. Zum Spektrum der von INNOVENT genutzten Techniken gehören Beflammung, Plasmabeschichtung und das sogenannte Sol-Gel-Verfahren, bei dem organische und anorganische Stoffe bei relativ niedrigen Temperaturen in einer Schicht verbunden werden können. Als Material für die Beschichtungen kommen laut Spange antibakteriell wirkende Metallverbindungen ebenso infrage wie Naturstoffe mit antiviralem Potenzial.

Vliesstoffe für Maskenhersteller produziert
Die textile Expertise zahlreicher Institute der Zuse-Gemeinschaft hat 2020 dafür gesorgt, dass anwendungsnahe Forschung sich in der Praxis der Pandemiebekämpfung bewähren konnte. Nach der in Deutschland zu Beginn der Pandemie aufgetretenen Knappheit bei der Versorgung mit Masken reagierten Textilforschungseinrichtungen, um in die Bresche zu springen. So stellte das Sächsische Textilforschungsinstitut (STFI) seine Forschungsanlagen auf die Produktion von Vliesstoff zur Belieferung deutscher und europäischer Hersteller von partikelfilternden Schutzmasken um. „Von März bis November 2020 haben wir Vliesstoff an verschiedene Hersteller geliefert, um die Maskenproduktion bestmöglich zu unterstützen und somit zur Eindämmung der Pandemie beizutragen. In einer für Industrie und Bevölkerung kritischen Zeit konnten wir zur Entlastung kritischer Produktionskapazität beitragen - für ein Forschungsinstitut eine ungewohnte Rolle, die wir aber in ähnlichen Situationen erneut annehmen würden“, erklärt Andreas Berthel, Geschäfts-führender Kaufmännischer Direktor des STFI.

Entwicklung wiederverwendbarer medizinischer Gesichtsmasken
Zur Verbesserung von Alltags- wie auch medizinischen Gesichtsmasken arbeiten die Deutschen Institute für Textil- und Faserforschung (DITF). In Kooperation mit einem Industriepartner entwickelt man in Denkendorf aktuell u.a. wiederverwendbare, medizinische Gesichtsmasken aus leistungsfähigem Präzisionsgewebe in Jacquard-Webtechnik. Die Mehrfachnutzung vermeidet Abfall und etwaige Lieferengpässe.
Für alle Arten von Masken gibt es Regularien, nun auch für Alltagsmasken. Bei Hohenstein wird die Einhaltung von Standards für Masken überprüft. Ein neuer europäischer Leitfaden legt Mindestanforderungen für Konstruktion, Leistungsbeurteilung, Kennzeichnung und Verpackung von Alltagsmasken fest. „Als Prüflabor für Medizinprodukte testen wir die Funktionalität medizinischer Gesichtsmasken unter mikrobiologisch-hygienischen und physikalischen Gesichtspunkten“, erläutert Hohenstein-Geschäftsführer Prof. Dr. Stefan Mecheels. Hohenstein unterstützt damit Hersteller u.a. bei der technischen Dokumentation zum Nachweis der Wirksamkeit und Sicherheit.
Atemschutzmasken (FFP 1, FFP 2 und FFP 3) werden seit Mitte dieses Jahres am Kunststoff-Zentrum (SKZ) in Würzburg geprüft. Getestet werden u.a. Einatem- und Ausatemwiderstand und der Durchlass von Partikeln. Zudem ist das SKZ selbst in die Maskenforschung eingestiegen. In Zusammenarbeit mit einem Medizintechnikspezialisten entwickelt das SKZ eine innovative Maske, die aus einem reinig- und sterilisierbaren Maskenträger und austauschbaren Filterelementen besteht.

ILK-Tests: Bei „Nase raus“ gelangen 90 Prozent der Partikel in die Umgebung
Der Kampf gegen Corona wird durch die Beiträge der Menschen gewonnen: Von Forschenden in Laboren, von Entwicklern und Herstellern in der Industrie sowie von den Bürgerinnen und Bürgern auf der Straße. Das Institut für Luft- und Kältetechnik (ILK) in Dresden hat vor diesem Hintergrund Untersuchungen zur Durchlässigkeit des Mund-Nasenschutzes (MNS) durchgeführt, und zwar zu   möglichen Beeinträchtigungen beim Atmen durch die Maske ebenso wie zur Schutzfunktion von Alltagsmasken.
Ergebnis: Obwohl die eingesetzten Materialien des Mund-Nasenschutzes rund 95 Prozent der ausgeatmeten Tröpfchen zurückhalten können ist „unter praktischen Gesichtspunkten und Berücksichtigung von Leckagen“ davon auszugehen, dass etwa 50 Prozent bis 70 Prozent der Tröpfchen in den Raum gelangen, so das ILK. Werde die Maske nur unterhalb der Nase getragen, so sei aufgrund des großen Anteils der Nasenatmung sogar davon auszugehen, dass ca. 90 Prozent der abgeatmeten Partikel in den Raum gelangen. Das verdeutlicht die Bedeutung des eng anliegenden und richtig getragenen Mund- und Nasenschutzes. „Hingegen sprechen aus physikalischer Sicht keine Gründe gegen das Tragen einer Maske“, betont ILK-Geschäftsführer Prof. Dr. Uwe Franzke. Die Forschenden untersuchten den CO2-Gehalt in der Atemluft ebenso wie den höheren Aufwand für die Atmung und legten dafür das Überwinden des Druckverlustes als Kriterium zugrunde. „Die Untersuchungen zum Druckverlust zeigten einen geringen, praktisch aber nicht relevanten Anstieg“, erläutert Franzke.

Der komplette ILK-Bericht „Untersuchungen zur Wirkung des Mund- und Nasenschutzes (MNS)“ ist hier abrufbar.

 

Pixabay: INNO4COV-19 (c) Pixabay
08.12.2020

Fraunhofer FEP: INNO4COV-19 - Förderung von Innovationen zur Covid-19 Diagnose, Prävention und Überwachung

Das kürzlich gestartete und von der Europäischen Kommission geförderte 6,1-Millionen-Euro-Projekt INNO4COV-19 (Förderkennzeichen 101016203) soll die Vermarktung neuer Produkte zur Bekämpfung von COVID-19 in den nächsten zwei Jahren in ganz Europa unterstützen. Das Fraunhofer-Institut für Organische Elektronik, Elektronenstrahl- und Plasmatechnik FEP trägt hierzu sein Know-how in der Sterilisation mithilfe beschleunigter Elektronen und in der augennahen Visualisierung bei.

Das kürzlich gestartete und von der Europäischen Kommission geförderte 6,1-Millionen-Euro-Projekt INNO4COV-19 (Förderkennzeichen 101016203) soll die Vermarktung neuer Produkte zur Bekämpfung von COVID-19 in den nächsten zwei Jahren in ganz Europa unterstützen. Das Fraunhofer-Institut für Organische Elektronik, Elektronenstrahl- und Plasmatechnik FEP trägt hierzu sein Know-how in der Sterilisation mithilfe beschleunigter Elektronen und in der augennahen Visualisierung bei.

Im Rahmen des 6,1 Millionen Euro-Projekts INNO4COV-19 soll in den nächsten zwei Jahren die Kommerzialisierung neuer Produkte zur Bekämpfung von COVID-19 in ganz Europa unterstützt werden. Auf der Suche nach einer raschen Entwicklung von Produkten – angefangen bei Medizintechnologien bis hin zu Überwachungslösungen - wird das Projekt Innovationen zur Bekämpfung des neuen Coronavirus fördern, die Technologieführerschaft Europas und die Industrie stärken, um die Sicherheit und das Wohl der Bürger zu schützen.

Der virtuelle Auftakt des am 1. Oktober gestarteten Projekts fand vom 6. bis 7. Oktober 2020 mit Unterstützung zweier Vertreter der Europäischen Kommission statt.

Unter der Leitung des INL – International Iberian Nanotechnology Laboratory suchen die 11 Konsortialpartner nun nach effizienten und schnellen Lösungen, die gemeinsam mit den anderen aktiv beteiligten Industrie- und RTO-Partnern im Kampf gegen COVID-19 helfen können.

Ziel des Projekts INNO4COV-19 ist es, mit einer „Lab-to-Fab“-Plattform eine gemeinsame Ressourcenplattform zur Zusammenarbeit zu schaffen, auf der Unternehmen und Referenzlabors die richtigen Werkzeuge zur Entwicklung und Implementierung innovativer Technologien finden – von der ersten Ideenbewertung bis zur Markteinführung. Diese Arbeiten werden im Rahmen der Coronavirus-Initiative der Europäischen Union und in enger Zusammenarbeit mit allen dort geförderten Projekten durchgeführt, um die Markteinführungszeit erfolgversprechender Produkte zu verkürzen.

INNO4COV-19 wird bis zu 30 Testfälle und Anwendungen aus verschiedenen Bereichen unterstützen, die von der Medizintechnik über Umweltüberwachungssystemen, Sensoren, Schutz von Mitarbeitern des Gesundheitswesens bis hin zu künstlicher Intelligenz und Data Mining reichen. Um dies zu realisieren, vergibt INNO4COV-19 die Hälfte des Budgets an 30 Unternehmen, die im ersten Jahr des Projekts im Rahmen offener Aufrufe ausgewählt wurden.

Der erste Aufruf wird im November 2020 auf mehreren Plattformen veröffentlicht. Die ausgewählten Firmen erhalten jeweils bis zu 100.000 € und profitieren von der technischen, regulatorischen und geschäftlichen Expertise des INNO4COV-19-Konsortiums.

Rolle-zu-Rolle- und Elektronenstrahltechnologien zur großflächigen Sterilisation von textilen Materialien
Bei Pandemie-Ereignissen wie COVID-19, MERS, SARS oder Ebola wurde aufgrund der der plötzlichen Nachfragespitzen ein erheblicher Mangel an sterilem Material für medizinische Zwecke festgestellt. Das Fraunhofer FEP wird hierfür seine Rolle-zu-Rolle Anlagentechnik und Elektronenstrahltechnologien für die Sterilisation von Textilmaterialien auf großen Flächen in das Projekt INNO4COV-19 einbringen.

Normalerweise wird das Textilmaterial unter unsterilen Bedingungen hergestellt und muss daher vor der Auslieferung an die Verbraucher (z. B. Krankenhäuser) sterilisiert werden. Die Sterilisation auf Produkt-Level (Sterilisation der fertig hergestellten Masken) ist im Durchsatz begrenzt, da eine hohe Anzahl von einzelnen kleinen Stücken sterilisiert werden muss.

Projektleiter Dr. Steffen Guenther vom Fraunhofer FEP erläutert die Rolle und die Ziele des Instituts näher: "INNO4COV-19 wird eine Prozesskette für die Elektronenstrahl-Sterilisation von Gewebematerial in Rollenform mit hohem Durchsatz (4500 m²/h) in einer einzigen Pilotmaschine TRL 7 aufbauen und verifizieren, um eine effiziente Herstellung von sterilen Gesichtsmasken und anderen gewebebasierten Sterilprodukten zu ermöglichen, ohne dass das Endprodukt sterilisiert werden muss.“

OLED-Mikrodisplays zur Erkennung infizierter Personen
Ein weiteres Thema des Fraunhofer FEP im Rahmen von INNO4COV-19 befasst sich mit der frühestmöglichen Erkennung von infizierten Personen. Eine weit verbreitete Strategie zur Früherkennung von Personen mit Krankheitssymptomen ist das Körpertemperatur-Screening mit Wärmebildkameras.
Eine Option, um eine kontinuierliche Überwachung der Körpertemperatur zu ermöglichen, ist die Integration einer Wärmekamera in ein intelligentes, tragbares Gerät. Das Fraunhofer FEP setzt dazu seine OLED-Mikrodisplay-Technologie ein. Damit können kleine (< 3 × 2 cm²), ultradünne (< 5 mm einschließlich Steuerschaltkreis) und extrem stromsparende Geräte (< 5 mW) visuelle Informationen anzeigen. In Kombination mit einem Infrarotsensor wird eine Wärmebildkamera realisiert, die sowohl die Körpertemperatur misst als auch das Ergebnis direkt über eine augennahe Visualisierung anzeigt. Das System kann in intelligente Brillen, Kopfbedeckungen, Kappen oder persönliche Gesichtsschutzschilde eingebettet werden.

Zum Projekt:
Das Projekt wird im Rahmen des Horizon 2020 Forschungs- und Innovationsprogramms der Europäischen Union gefördert.
Förderkennzeichen: 101016203

Quelle:

Fraunhofer-Institut für Organische Elektronik, Elektronenstrahl- und Plasmatechnik FEP

Fraunhofer IZM: Jessica Smarsch (c) Jessica Smarsch
01.12.2020

Fraunhofer IZM: High-Tech Fashion – Kunst und Wissenschaft für die Kleidung von morgen

Das Wort „Mode“ weckt in den meisten Gedanken an Schnitte, Farben und Muster – warum aber eigentlich nicht an Live-Auswertungen von Vitalfunktionen oder Trainingseinheiten für Rehabilitationspatient*innen? Bislang sind Produkte der Modebranche weitestgehend analog. Um jedoch Kleidung in der Ära des Digitalen smart zu gestalten, wurde das Projekt Re-FREAM ins Leben gerufen. Forschende und Künstler*innen arbeiten hier Seite an Seite, entwickeln innovative und nachhaltige Ideen sowie Umsetzungsvarianten für den Mode-Bereich und setzen Impulse für Nutzer*innen-orientierte Synergien aus Textil und Technik.

Das Wort „Mode“ weckt in den meisten Gedanken an Schnitte, Farben und Muster – warum aber eigentlich nicht an Live-Auswertungen von Vitalfunktionen oder Trainingseinheiten für Rehabilitationspatient*innen? Bislang sind Produkte der Modebranche weitestgehend analog. Um jedoch Kleidung in der Ära des Digitalen smart zu gestalten, wurde das Projekt Re-FREAM ins Leben gerufen. Forschende und Künstler*innen arbeiten hier Seite an Seite, entwickeln innovative und nachhaltige Ideen sowie Umsetzungsvarianten für den Mode-Bereich und setzen Impulse für Nutzer*innen-orientierte Synergien aus Textil und Technik.

Der Schriftsteller Maxim Gorki brachte die Verbundenheit zweier lange unvereinbar geglaubter Gesellschaftsbereiche auf den Punkt: „Die Wissenschaft ist der Verstand der Welt, die Kunst ihre Seele“. Im Projekt Re-FREAM werden sie verbunden, denn Mode beschränkt sich nicht nur auf die Entscheidung des Äußerlichen, sie ist unmittelbar mit soziologischen, technologischen und ökologischen Weltanschauungen behaftet. Immer weniger reicht es aus, nur das Schöne zu präsentieren, denn auch die Schattenseiten der Fashion-Industrie müssen aufgedeckt und ihnen muss mit nachhaltigen Produktionszyklen und fairen Arbeitsbedingungen entgegengewirkt werden. Genau dieses Umdenken und Neugestalten der Prozesse, Produktionsmethoden, aber auch der Funktionalität und Traditionen in der Modewelt ist Teil des Projekts Re-FREAM.

Ziel ist es, eine Interaktion zwischen Mode, Design, Wissenschaft und Urban Manufacturing entstehen zu lassen, um kreative Visionen mit nachhaltigen technologischen Lösungen zu verbinden. In Teams entwickelten Künstler*innen und Wissenschaftler*innen gemeinsam Projekte und präsentierten ihre innovative Ästhetik anschließend auf dem virtuellen Ars Electronica Festival 2020.

Durch den Einbezug der Wissenschaftler*innen vom Fraunhofer IZM stehen den Kunstschaffenden gänzlich neue technologische Möglichkeiten offen: Die Mikroelektronik wird nicht nur zum modischen Accessoire, sondern verleiht Kleidungstücken auch neue Funktionen. Mit Hilfe von Integrationstechnologien kann Kleidung vernetzt und textilintegrierte Sensorik verwendet werden, was Perspektiven von tragbaren Anwendungen im Bereich E-Health eröffnet.

Eine Schwierigkeit, die die Fraunhofer-Forschenden dabei lösen müssen, sind die elektronischen Kontaktstellen zwischen Elektronik und Textilien, denn diese müssen im industriellen Maßstab fertigbar und bei textiltypischer mechanischer Belastung sowie Waschreinigung zuverlässig funktionieren, ohne an Leistungsfähigkeit einzubüßen. Eine weitere Herausforderung sind die elektronischen Module. Am Fraunhofer IZM werden die elektronischen Komponenten so stark miniaturisiert, dass sie im Kleidungsstück nicht auffallen. Die verbindenden Leiterbahnen werden schließlich auf die Stoffe laminiert oder gestickt.

So vielseitig die Kooperationspartner*innen in Re-FREAM sind, so ist auch jedes Teilprojekt eine unikale Gemeinschaftsleistung. Die italienische Designerin Giulia Tomasello möchte zum Beispiel in ihrem Vorhaben „Alma“ Tabus rund um die weibliche Gesundheit aufdecken und ein Monitoring der vaginalen Flora realisieren. Das Team aus Designer*innen, einer Anthropologin und Fraunhofer-Forschenden entwickelt Unterwäsche mit integriertem pH-Sensor: Somit sollen eine nicht invasive Diagnose von bakterieller Vaginose sowie fungaler Erkrankungen im Alltag ermöglicht und schwerwiegende Entzündungen verhindert werden.

Im Zwickel der Unterwäsche sammelt der wiederverwendbare Biosensor Daten und leitet diese an ein circa 1 Quadratzentimeter kleines Modul. Dank eines modularen Aufbaus kann der Mikrocontroller problemfrei von den Textilien gelöst werden. Auch der textile Sensor kann aus der Unterwäsche entnommen werden. Neben der technologischen Lösung stehen die ästhetischen Ansprüche im Vordergrund. Weitere Anwendungsmöglichkeiten wären das Monitoring von anormalen Gebärmutterblutungen sowie der Wechseljahre. „Durch die enge Kooperation mit den Künstlerinnen und Künstlern haben wir ganz besondere Einblicke in die Nutzerperspektive erhalten und sie wiederum in die der anwendungsorientierten Technologien. Wir haben uns gegenseitig stets gefordert und nun eine Lösung gefunden, die Medizintechnik, Wearables und eine zirkuläre Produktionsweise vereint, um Frauen zu stärken“, so Max Marwede, der „Alma“ am Fraunhofer IZM technisch begleitet hat.

Auch im Vorhaben „Connextyle“ rund um Designerin und Produktentwicklerin Jessica Smarsch liegt dem Team daran, nutzerorientierte Kleidungsstücke zu entwickeln: Die mit textilen Leiterplatten und laminierten EMG-Sensoren versehenen Oberteile messen Muskelaktivitäten und optimieren damit Rehabilitationsprozesse von Patient*innen. Eine App liefert visuelles Feedback aus den gesammelten Daten, generiert Berichte über den Heilungsprozess und erleichtert es Therapeut*innen, die Maßnahmen ideal anzupassen.

Soft Robotics sind wiederum der springende Punkt im Vorhaben „Lovewear“, denn hier wurde inklusive Unterwäsche entwickelt, die besonders Menschen mit körperlichen Einschränkungen dabei helfen soll, die eigene Intimität zu erforschen und ein stärkeres Bewusstsein für den eigenen Körper zu entwickeln. Durch Interaktionen mit einem angeschlossenen Kissen, das als Interface fungiert, werden Drucklufteinlagen im Spitzenstoff aktiviert. Anstelle der üblicherweise genutzten silikonbasierten Materialien werden die Soft Robotics hier aus Textilien und thermoplastischen Materialien hergestellt. Somit vermeiden die Forschenden den langen Aushärtungsprozess bei silikonbasierten Ansätzen und ermöglichen eine schnellere und kostengünstigere Massenfertigung mit verfügbaren Textilmaschinen.

Besonders herausfordernd und gleichzeitig fruchtbar ist die Kollaboration in der Gestaltung nachhaltiger und zirkulärer Produktionsdesigns in der Mode. Bereits beim Design werden ökologische Prinzipien berücksichtigt, so dass negative Auswirkungen auf die Umwelt entlang des Produktlebenszyklus‘ minimiert werden. Dazu zählt, wie zuverlässig die Ankontaktierungen der Komponenten sind, wie lang die Sensoren auf dem Textil haften, die Materialauswahl und der modulare Aufbau, um die Mikrocontroller wiederverwenden zu können. Die Teams erstellen jedoch keine Einzelstücke – sie wollen zeigen, dass der Weg zu High-Tech Fashion auch ein umweltfreundlicher sein kann. Hier wurde auch an zirkulären Geschäftsmodellen gearbeitet, die zur nachhaltigen Mission der Projekte passen.

Somit stellt die Expertise des Fraunhofer-Instituts für Zuverlässigkeit und Mikrointegration IZM in den Bereichen der E-Textiles und des zirkulären Designs einen hohen Mehrwert im Projekt Re-FREAM dar. Mit weiterführenden Untersuchungen zu geeigneten leitfähigen Materialien entwickeln die Forscher*innen aktuell sensorische Textilien und Textil geeignete Kontaktierungstechnologien. Zudem arbeiten sie an thermoplastischen Substraten, die in so gut wie jedes Textil integriert werden können.

Re-FREAM ist Teil des Programms STARTS (Science + Technology + Arts), welches als Initiative der Europäischen Kommission im Rahmen des Forschungs- und Innovationsprogramms Horizon 2020 gefördert wird.

Quelle:

Fraunhofer-Institut für Zuverlässigkeit und Mikrointegration IZM

(c) pixabay
10.11.2020

Mode- und Textilindustrie will trotz COVID-19-Pandemie nachhaltiger werden

  • Neue Forschungsergebnisse: Geschäftsführer wichtiger Mode-, Einzelhandels- und Textilunternehmen priorisieren nachhaltige Ausrichtung trotz COVID-19-Pandemie
  • Bedeutung von Daten für nachhaltiges Geschäftsmodell ist allgemein anerkannt, lückenhafte Erhebung legt aber bessere Datenqualität für schnelleren Wandel nahe
  • Trotz Covid-19 halten führende Modemacher häufig wechselnde, erschwingliche und nachhaltige Mode für machbar und nutzen Krise, um ihre Anstrengungen für mehr Nachhaltigkeit zu intensivieren

Eine neue Studie verdeutlicht das Ausmaß, in dem die Modeindustrie weltweit das Thema Nachhaltig-keit verfolgt.  Trotz der COVID-19-Pandemie betrachtet die Branche Nachhaltigkeit als zweitwichtigstes strategisches Ziel.

  • Neue Forschungsergebnisse: Geschäftsführer wichtiger Mode-, Einzelhandels- und Textilunternehmen priorisieren nachhaltige Ausrichtung trotz COVID-19-Pandemie
  • Bedeutung von Daten für nachhaltiges Geschäftsmodell ist allgemein anerkannt, lückenhafte Erhebung legt aber bessere Datenqualität für schnelleren Wandel nahe
  • Trotz Covid-19 halten führende Modemacher häufig wechselnde, erschwingliche und nachhaltige Mode für machbar und nutzen Krise, um ihre Anstrengungen für mehr Nachhaltigkeit zu intensivieren

Eine neue Studie verdeutlicht das Ausmaß, in dem die Modeindustrie weltweit das Thema Nachhaltig-keit verfolgt.  Trotz der COVID-19-Pandemie betrachtet die Branche Nachhaltigkeit als zweitwichtigstes strategisches Ziel.

Die neuen Erkenntnisse des U.S. Cotton Trust Protocol und der Economist Intelligence Unit (EIU) basie-ren auf einer Umfrage unter 150 Spitzenmanagern großer europäischer und US-amerikanischer Mode-, Einzelhandels- und Textilunternehmen sowie ausführlicher Interviews mit namhaften Modemarken wie Puma, H&M und Adidas. Die Ergebnisse des gemeinsamen Berichts „Is Sustainability in Fashion?“ erscheint zu einem Zeitpunkt, in dem die Modebranche vor einer richtungsweisenden Ent-scheidung steht: weiter in Nachhaltigkeit investieren oder die Bemühungen angesichts der Pandemie zurückfahren.

Für Manager in Mode, Handel und Textilwirtschaft ist Nachhaltigkeit entscheidend für Erfolg
Trotz der Pandemie betrachten viele der globalen Spitzenmarken der Studie zufolge Nachhaltigkeit mittlerweile als entscheidenden Faktor für ihren Geschäftserfolg. Die Mehrheit der befragten Füh-rungskräfte (60 %) nannte die Umsetzung von Nachhaltigkeitsmaßnahmen als eines der beiden wich-tigsten strategischen Ziele für ihr Unternehmen. Nur die Verbesserung des Kundenerlebnisses war mit 64 % noch wichtiger. Dagegen beurteilt nicht einmal jeder sechste Befragte (14%) die Interessen der Aktionäre als wichtigstes Unternehmensziel.

Manager geben in der Studie an, dass sie Maßnahmen für mehr Nachhaltigkeit in der gesamten Lieferkette ihres Unternehmens einführen. Von der Beschaffung nachhaltig produzierter Rohstoffe (65%) über die Einführung eines Kreislaufwirtschaftssystems und der Reduzierung von Treibhausgasen (51%) bis hin zu Investitionen in neue Technologien wie 3D-Druck und Blockchain (41%). Insgesamt zeigte sich die Mehrheit (70%) optimistisch, dass schnell wechselnde, erschwingliche und zugleich nachhaltige Mode machbar ist.

Daten als entscheidender Faktor
Daten bilden eine wichtige Grundlage für den Erfolg der unternehmerischen Nachhaltigkeit, lautet eine wesentliche Erkenntnis aus der Untersuchung des U.S. Cotton Trust Protocol und der EIU. Gefragt nach den aktuellen Maßnahmen für eine nachhaltigere Gestaltung ihrer Unternehmen, nannten die Firmenlenker mit 53% Prozent die Erfassung von Daten aus dem gesamten Unternehmen und der Lieferkette zur Leistungserfassung besonders häufig. Nur die Entwicklung und Umsetzung einer Strategie für ökologische Nachhaltigkeit mit messbaren Zielen war den Befragten (58%) noch wichtiger.

Daten sind für die Führungskräfte dabei nicht nur kurzfristig relevant. Drei von zehn Studienteilnehmern (29%) betrachten die Verfügbarkeit verlässlicher Daten als wesentlichen Faktor für mehr Nachhaltigkeit im kommenden Jahrzehnt. Des Weiteren sehen fast drei Viertel der Befragten (73%) globale Benchmarks und Schwellenwerte als wirksames Mittel zur Messung der Nachhaltigkeitsleistung und zur Förderung des gesamten Fortschritts in der Branche.

Probleme mit lückenhafter Datenerhebung
Obwohl die befragten Unternehmen Daten eine hohe Bedeutung beimessen, zeigen die Ergebnisse der Studie, dass die Beschaffung qualitativ hochwertiger Daten für Top-Modemarken, Einzelhändler und Textilunternehmen eine echte Herausforderung darstellen kann.

In der Umfrage berichten Entscheider in Unternehmen von relativ hohen Datenerhebungsraten über die Nachhaltigkeitspraktiken ihrer Zulieferer. Diesen Befund unterstützen auch Interviews mit führenden Marken (65%) und Interviews zu Arbeitnehmerrechten, Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz in der Lieferkette (62%). Allerdings misst ein erheblicher Anteil der Unternehmen (45%) nicht die Treibhausgasemissionen der gesamten Produktion, oder der Herstellung und des Vertriebs der verkauften Produkte. Darüber hinaus erfassen 41% der befragten Unternehmen nicht, wie viel Wasser und Strom für die Produktion der von ihnen bezogenen Rohstoffe verbraucht wird.

In Zukunft sieht mehr als ein Viertel (26%) der Entscheider einen Mangel an verfügbaren und leicht zu-gänglichen Daten als Hindernis für die branchenweite Zusammenarbeit im Bereich Nachhaltigkeit. Wie einige Befragte im Interview erklärten, ist die Datenerhebung zwar schwierig, aber dennoch wichtig.

Gary Adams, Präsident des U.S. Cotton Trust Protocol, zur Untersuchung: „Die Ergebnisse zeigen eindeutig, dass Marken ihre unternehmerische Nachhaltigkeit weiterentwickeln müssen. Präzise und zuverlässige Daten unterstützen die Unternehmen bei dieser Herausforderung. Daten weisen nicht nur harte Arbeit und Fortschritte nach, sie zeigen auch, wo weitere Verbesserungen möglich sind. Das Cotton Trust Protocol bietet deswegen eine besonders robuste Datengrundlage für ein wesentliches Material der Industrie – Baumwolle. Unternehmen profitieren so von einem außergewöhnlich hohen Maß an Transparenz.“

Partnerschaft ermöglicht weitere Fortschritte
Mode, Einzelhandel und Textilwirtschaft können den Wandel nicht isoliert vorantreiben, so eine weitere zentrale Erkenntnis der Studie. Stattdessen ist eine branchenübergreifende Zusammenarbeit notwendig. Ein Vertreter des kalifornischen Modelabels Reformation zufolge geschieht dies bereits: „Wir freuen uns über die Kooperation in der gesamten Branche und gehen davon aus, dass die Zusammenarbeit künftig weiter zunimmt.“

Im Hinblick auf externe Unterstützung zur Steuerung dieser Entwicklung betrachten die befragten Un-ternehmensführer weitere Regulierungen nicht unbedingt als geeignete Lösung. Die UN-Ziele für eine nachhaltige Entwicklung sowie staatliche Eingriffe wurden jeweils nur von einem Viertel der Befragten (jeweils 24%) als treibende Kraft für nachhaltige Veränderungen genannt. Regulatorische Anforderun-gen zählen für ein Drittel (33%) der befragten Wirtschaftsführer zu den drei wichtigsten Faktoren für den Fortschritt nachhaltiger Entwicklungen im nächsten Jahrzehnt.

Jonathan Birdwell, Regional Head of Public Policy and Thought Leadership, The Economist Intelligence Unit: „Aus den Umfrageergebnissen und unseren Interviews mit Wirtschaftsführern geht klar hervor, dass die Branche beim Thema Nachhaltigkeit deutliche Fortschritte machen möchte. Wir waren besonders beeindruckt von der Tatsache, dass Nachhaltigkeit weitgehend als vorwettbewerblich aufgefasst wird. Hinter den Kulissen teilen Unternehmen ihre Ressourcen und Erfahrungen.“

Auswirkungen von Covid-19  
Die Entschlossenheit für nachhaltigere Vorgehensweisen steht der gesellschaftlichen und ökonomischen Unsicherheit der COVID-19-Pandemie gegenüber. Allerdings gaben nur etwas mehr als die Hälfte der Befragten (54%) an, dass Nachhaltigkeit durch die Krise innerhalb der Branche an Priorität verlieren würde.

Das U.S. Cotton Trust Protocol ist eine junge Initiative, die einen neuen Standard für nachhaltig angebaute Baumwolle definiert. Durch die enge Zusammenarbeit mit den Erzeugern liefert das U.S. Trust Protocol präzise und konsistente Daten zu sechs wichtigen Nachhaltigkeitskennzahlen, die von der unabhängigen Prüfstelle Control Union Certification kontrolliert werden. Die Kennzahlen umfassen unter anderem THG-Emissionen, Wasserverbrauch, Bodenkohlenstoff und Bodenverlust. Zum ersten Mal können Unternehmen jedes Jahr auf Daten der verantwortlichen Betriebe zugreifen und die gesamte Wertschöpfungskette ihrer Baumwolle somit vom Feld bis zur Auslage im Einzelhandel zurückverfolgen.

Forschungsergebnisse auf der Grundlage einer quantitativen Umfrage unter 150 Führungskräften in der Mode-, Einzelhandels- und Textilindustrie in Europa und den Vereinigten Staaten, die von der Economist Intelligence Unit zwischen dem 9. Juli und dem 28. Juli 2020 durchgeführt wurde. Die Umfrage wurde durch qualitative Erkenntnisse aus Interviews mit zehn Fachleuten aus dem Bereich Mode und Nachhaltigkeit ergänzt.

pixabay: stock exchange2 (c) pixabay
27.10.2020

Mittelstand: Hohe Verschuldung, sinkende Profite und Finanzierungslücke durch Covid-19

  • Europäische Mittelständler weisen nach dem Corona-Schock eine sehr hohe Verschuldung, eine zum Teil erheblich verschlechterte Profitabilität und eine nicht ausreichende Kapitalisierung auf  
  • Insbesondere kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) in Frankreich und Italien geht die Covid-19-Pandemie an die Substanz
  • Der deutsche Mittelstand ist im Vergleich zu seinen europäischen Pendants bisher relativ gut durch die Krise gekommen
  • Bereits vor der Krise 20% "Zombies" bei italienischen KMU, in Frankreich 11%, Deutschland 10%  

Insbesondere in Frankreich und Italien geht die Covid-19-Pandemie kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU) an die Substanz: Ihnen fehlen aktuell Finanzmittel in Höhe von schätzungsweise insgesamt rund 100 Milliarden Euro - trotz der umfangreichen Konjunkturpakete und nach Ausschluss von sogenannten "Zombie"-Unternehmen.

  • Europäische Mittelständler weisen nach dem Corona-Schock eine sehr hohe Verschuldung, eine zum Teil erheblich verschlechterte Profitabilität und eine nicht ausreichende Kapitalisierung auf  
  • Insbesondere kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) in Frankreich und Italien geht die Covid-19-Pandemie an die Substanz
  • Der deutsche Mittelstand ist im Vergleich zu seinen europäischen Pendants bisher relativ gut durch die Krise gekommen
  • Bereits vor der Krise 20% "Zombies" bei italienischen KMU, in Frankreich 11%, Deutschland 10%  

Insbesondere in Frankreich und Italien geht die Covid-19-Pandemie kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU) an die Substanz: Ihnen fehlen aktuell Finanzmittel in Höhe von schätzungsweise insgesamt rund 100 Milliarden Euro - trotz der umfangreichen Konjunkturpakete und nach Ausschluss von sogenannten "Zombie"-Unternehmen. Auch in Deutschland fehlen KMU rund drei Milliarden Euro (Mrd. EUR) an Finanzmitteln zu einer ausreichenden Rekapitalisierung. Angesichts der fehlenden 70 Mrd. EUR in Italien und etwa 29 Mrd. EUR in Frankreich stehen die hiesigen Mittelständler allerdings weitaus besser da. Zu diesem Schluss kommt eine aktuelle Analyse des weltweit führenden Kreditversicherers Euler Hermes.

"Europäische Mittelständler weisen eine sehr hohe Verschuldung auf, eine erheblich verschlechterte Profitabilität und eine nicht ausreichende Kapitalisierung", sagt Ron van het Hof, CEO von Euler Hermes in Deutschland, Österreich und der Schweiz. "Das ist mittelfristig eine denkbar schlechte Kombination für die Zahlungsfähigkeit dieser Unternehmen. Insbesondere in Italien und Frankreich spitzt sich die Lage durch Covid-19 zunehmend zu, auch wenn die zahlreichen Konjunkturpakete zumindest eine kurzfristige Liquiditätskrise vermieden haben. Der deutsche Mittelstand hat sich abermals als relativ robust erwiesen und ist im Vergleich zu seinen europäischen Pendants bisher relativ gut durch die Krise gekommen."

Auch hierzulande ist die Verschuldung durch zahlreiche Liquiditätsmaßnahmen gestiegen. Insbesondere in Frankreich aber ist sie im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt (81% des BIP) fast doppelt so hoch als in Deutschland (43% des BIP). In Italien ist die Verschuldung mit 65% des BIP ebenfalls überdurchschnittlich hoch im europäischen Vergleich (Durchschnitt: 63%).

Bei Profitabilität sind französische KMU Schlusslicht in Europa
"Französische Mittelständler sind in Europa zudem in puncto Profitabilität inzwischen Schlusslicht, noch hinter Italien", sagt Ana Boata, Leiterin Makroökonomie bei Euler Hermes. "Die Profitabilität französischer KMU ist seit Jahresbeginn um 7 Prozentpunkte (pp) drastisch gesunken im Vergleich zu -0,6 pp in Deutschland. In Italien dürfte die Profitabilität nach unseren Schätzungen ebenfalls um bis zu 3pp[1] gesunken sein. Die Eigenkapitalquote ist in Italien mit 33% die niedrigste und damit deutlich unterhalb der 40%, die in der Regel als adäquat gelten. In Italien besteht demnach der größte Bedarf an zusätzlichen Finanzmitteln für eine Rekapitalisierung."

In Frankreich liegt die Eigenkapitalquote der KMU bei 37%, in Deutschland mit 39% nur knapp unterhalb der empfohlenen Kapitalausstattung. Bei der Analyse haben die Volkswirte die Unternehmen bereits herausgerechnet, die schon vor der Covid-19-Pandemie praktisch nicht überlebensfähig waren.

"Ein Großteil der Mittelständler erweist sich auch in der aktuellen Krise als sehr robust, insbesondere in Deutschland, sagt Van het Hof. "Diese Tatsache, darf aber auch nicht darüber hinwegtäuschen, dass es in ihrem Schatten in Europa zahlreiche Zombie-Unternehmen gibt - auch schon vor der Covid-19-Pandemie. In Italien waren beispielsweise schon vor der Krise rund ein Fünftel der Mittelständler wirtschaftlich eigentlich gar nicht mehr lebensfähig, in Frankreich (11%) und Deutschland (10%) waren es nur etwa halb so viele. Allerdings dürfte sich die Anzahl mit der aktuellen Krise sprunghaft erhöht haben, ebenso wie der Finanzierungsbedarf der KMUs. Besonders eng wird es für die Unternehmen und Branchen, die vor der Krise kaum Puffer hatten."

In Deutschland war die Eigenkapitalquote vor der Pandemie in der Transportbranche besonders niedrig: In der Schifffahrt lag sie bei rund 32%, in der Luftfahrt bei 29%. Mit Covid-19 hat sich die bestehende Finanzierungslücke nochmals vergrößert. In Frankreich und Italien hatten Unternehmen im Hotel- und Gastgewerbe sowie im Maschinenbau und Handel besonders schlechte Ausgangspositionen und daher jetzt den größten Kapitalbedarf.

Die vollständige Studie finden Sie hier: https://ots.de/lYcKea 

[1] Für Deutschland und Frankreich liegen aktuell Zahlen bis H1 2020 vor, in Italien nur für Q1 2020. Der Rückgang bei der Profitabilität um bis zu 3pp in Italien ist eine Expertenschätzung.

Euler Hermes ist weltweiter Marktführer im Kreditversicherungsgeschäft und anerkannter Spezialist für Kaution und Garantien, Inkasso sowie Schutz gegen Betrug oder politische Risiken. Über das unternehmenseigene Monitoring-System verfolgt und analysiert Euler Hermes täglich die Insolvenzentwicklung von mehr als 80 Millionen kleiner, mittlerer und multinationaler Unternehmen. Insgesamt umfassen die Expertenanalysen Märkte, auf die 92% des globalen Bruttoinlandsprodukts (BIP) entfallen.
 

Hinweise bezüglich zukunftsgerichteter Aussagen finden Sie im Anhang.

Weitere Informationen:
Covid-19 KMU Euler Hermes Finanzkrise
Quelle:

Euler Hermes Deutschland

ISPO München 1 (c) Messe München GmbH
13.10.2020

ISPO Munich 2021 als Hybrid-Event

  • Hybrid-Konzept verbindet das Beste aus beiden Welten
  • Konsequente Weiterentwicklung der Digital-Strategie von ISPO
  • Erstmals werden Endkonsumenten digital in das Event eingebunden

Die Weltleitmesse ISPO Munich findet vom 31. Januar bis 3. Februar 2021 erstmals als Hybrid-Event sowohl physisch in München als auch digital weltweit statt. Das neue Konzept ist die konsequente Weiterentwicklung der Veranstaltung zur Plattform und manifestiert die umfassende digitale Kompetenz, die sich ISPO in den vergangenen zehn Jahren aufgebaut hat. Vor allem vor dem Hintergrund möglicher Reiserestriktionen bieten die digitalen Elemente die ideale Basis für die Einbindung globaler Zielgruppen: Während vor Ort vor allem die Vertreter aus den europäischen Märkten erwartet werden, erleichtert die digitale Verlängerung den Zugang für das interkontinentale Publikum.

  • Hybrid-Konzept verbindet das Beste aus beiden Welten
  • Konsequente Weiterentwicklung der Digital-Strategie von ISPO
  • Erstmals werden Endkonsumenten digital in das Event eingebunden

Die Weltleitmesse ISPO Munich findet vom 31. Januar bis 3. Februar 2021 erstmals als Hybrid-Event sowohl physisch in München als auch digital weltweit statt. Das neue Konzept ist die konsequente Weiterentwicklung der Veranstaltung zur Plattform und manifestiert die umfassende digitale Kompetenz, die sich ISPO in den vergangenen zehn Jahren aufgebaut hat. Vor allem vor dem Hintergrund möglicher Reiserestriktionen bieten die digitalen Elemente die ideale Basis für die Einbindung globaler Zielgruppen: Während vor Ort vor allem die Vertreter aus den europäischen Märkten erwartet werden, erleichtert die digitale Verlängerung den Zugang für das interkontinentale Publikum. Neu in diesem Jahr ist zudem die digitale Integration von Endkonsumenten.

„Sport und Outdoor – in diesen Zeiten besonders stark verknüpft mit dem Thema Gesundheit – sind gesellschaftlich so relevant wie nie zuvor. Daraus ergibt sich auch in der Branche ein gestiegenes Bedürfnis nach persönlichem Austausch. Der Wunsch neue Potenziale, Partnerschaften und Geschäftsmodelle zu präsentieren und zu diskutieren, ist größer denn je. So wird es uns von der Industrie gespiegelt und entsprechend haben wir auch unser Konzept aufgesetzt“, erklärt Klaus Dittrich, Vorsitzender der Geschäftsführung der Messe München.

Persönlicher Austausch trifft auf weltweite Partizipation
Neue Teilnahmemöglichkeiten, neue Themen, erweiterte Zielgruppen: Das zeigt sich vor allem in den zahlreichen physischen und digitalen Beteiligungsmöglichkeiten rund um die Fokusthemen Kreativität & Digitalisierung, Gesundheit und Nachhaltigkeit. Neben den Produktpräsentationen in den Messehallen stehen Networking und Matchmaking, Wissenstransfer und Innovationen im Mittelpunkt des Geschehens.

Über die integrierten Hybrid Stages wird die Teilnahme an den Präsentationen, Vorträgen und Workshops nicht nur vor Ort, sondern weltweit ermöglicht. Marken, Key Player und Top-Athleten werden sich hier mit einem Publikum austauschen, das weit über die Messehallen hinaus geht. In die ISPO Munich integriert sind die jeweils eintägigen Konferenzformate ISPO Digitize Summit (1. Februar 2021) sowie die Sports Tech Conference Europe (2. Februar 2021).

Bei der Umsetzung des Hybrid-Konzepts kommt dem ISPO-Team die über die vergangenen zehn Jahre erworbene digitale Kompetenz und Reichweite zugute: Sie basieren auf dem Aufbau eines Ökosystems mit Services entlang der Wertschöpfungskette sowie der Umsetzung der rein digitalen ISPO Re.Start Days im Sommer 2020.

Neu: Digitale Integration von Endkonsumenten
Neben dem Fachpublikum erhalten erstmals auch Endkonsumenten die Möglichkeit der digitalen Partizipation und zum direkten Dialog mit der Branche. Mit Präsentationen, Workshops und Masterclasses haben Marken und Unternehmen die Möglichkeit, sich Sport- und Outdoor-Fans auf der ganzen Welt digital zu präsentieren und mit ihnen in den Austausch zu gehen. Dass diese Integration funktioniert, beweist bereits die ISPO Open Innovation Community: Die rund 80.000 Endkonsumenten bringen bei den Crowdsourcing- und Marktforschungskampagnen ihr Know-how mit ein und liefern den Unternehmen ganzjährig wertvolle Impulse für neue Produkte und Ideen.

Der persönliche Austausch auf dem Messegelände in München bleibt weiterhin dem Fachpublikum vorbehalten.

Markus Hefter, Exhibition Group Director ISPO Munich & OutDoor by ISPO: „Wir sind bereit für die ISPO Munich 2021 und freuen uns auf viele Impulse. Klar ist: Auch wenn sich vieles digital lösen lässt, ist der Wunsch nach persönlichen Treffen und Austausch durch Corona nochmals deutlich verstärkt worden. Wir freuen uns über den starken Rückhalt in der Branche und werden unseren Kunden eine sichere Plattform bieten.“

Maximale Sicherheit und Flexibilität
Für das Vor-Ort-Geschehen bei der ISPO Munich 2021 gilt ein umfangreiches Schutz- und Hygienekonzept, das die Messe München mit der Bayerischen Staatsregierung erarbeitet hat. Die Sicherheit von Ausstellern und Besuchern genießt dabei höchste Priorität. Bereits seit dem 1. September finden auf dem Münchner Messegelände wieder erfolgreich Veranstaltungen statt. Für internationale Besucher gilt: Messeteilnehmer können unter Berücksichtigung bestimmter Einreisebestimmungen aus allen Ländern nach Deutschland einreisen, da sie als Geschäftsreisende mit wichtigem Grund gelten.

Aussteller bekommen durch die Verschiebung von Deadlines und flexiblen Stornobedingungen mehr Flexibilität. Auf Wunsch kann auf vorgebaute Stände zurückgegriffen werden, um kostengünstig und effizient an der Veranstaltung teilzunehmen.

Zu weiteren Fragen rund um das Schutz- und Hygienekonzept steht Ausstellern und Besuchern die Messe München Hotline zu Verfügung. Telefonisch unter +49 89 949 11400 oder per E-Mail corona.support@messe-muenchen.de. Die Service-Zeiten sind wie folgt: Montag bis Donnerstag 09:00 bis 17:00 Uhr und Freitag 09:00 bis 16:00 Uhr.

Carl Meiser GmbH & Co. KG (c) Carl Meiser GmbH & Co. KG
06.10.2020

Experten im Bereich Antimikrobielle Ausrüstung mittels Beschichtungen: Nopma - Technische Textilien von der Schwäbischen Alb

Die Carl Meiser GmbH & Co. KG - Anfang der 50er Jahre als Wäschehersteller gestartet, hat sich in den letzten 20 Jahren zu einem Spezialisten im Bereich der technischen Textilien weiterentwickelt.
Mit seiner Marke nopma Technische Textilien ist das Unternehmen Entwickler und Produzent textiler Problemlösungen durch Beschichtungen. Schwerpunkte sind nopma antirutsch - Textilien mit antirutsch-Wirkung, nopma adhesion - klebstoffvorbeschichtete Folien, Abstandsgewirke und Substrate zur Kaschierung im Automotive Interieur, nopma ceramics - abrasive resistentere textile Oberflächen und nopma silicones - Silikonbeschichtungen auf textilen Oberflächen.

Textination sprach mit dem Geschäftsführer, Jens Meiser, der 2005 ins Unternehmen eintrat, den Geschäftsbereich neu ausrichtete und zum Service-Dienstleister ausbaute, über seine Pläne und Ziele.

Die Carl Meiser GmbH & Co. KG - Anfang der 50er Jahre als Wäschehersteller gestartet, hat sich in den letzten 20 Jahren zu einem Spezialisten im Bereich der technischen Textilien weiterentwickelt.
Mit seiner Marke nopma Technische Textilien ist das Unternehmen Entwickler und Produzent textiler Problemlösungen durch Beschichtungen. Schwerpunkte sind nopma antirutsch - Textilien mit antirutsch-Wirkung, nopma adhesion - klebstoffvorbeschichtete Folien, Abstandsgewirke und Substrate zur Kaschierung im Automotive Interieur, nopma ceramics - abrasive resistentere textile Oberflächen und nopma silicones - Silikonbeschichtungen auf textilen Oberflächen.

Textination sprach mit dem Geschäftsführer, Jens Meiser, der 2005 ins Unternehmen eintrat, den Geschäftsbereich neu ausrichtete und zum Service-Dienstleister ausbaute, über seine Pläne und Ziele.

1952 gegründet, hat sich die Carl Meiser GmbH & Co.KG von einem Tag- und Nachtwäschehersteller zu einem Innovationstreiber im Bereich technischer Textilen gewandelt, der sich als Spezialist für kunststoffbasierende Beschichtungsverfahren präsentiert. Wenn Sie sich jemandem, der das Unternehmen nicht kennt, in 100 Worten vorstellen müssten: Was hat Sie in diesem Entwicklungsprozess besonders beeinflusst, und was macht Sie unverwechselbar?
Innovation is the new normal – Dies gilt für die Textilindustrie nicht erst seit Sars CoV-2. Unsere Industrie wurde Anfang der 90er Jahre als eine der ersten disruptiert und unterliegt seit jeher ständigem Wandel. Dieser überlebensnotwenige Drang nach Weiterentwicklung prägt uns intensiv und hat es uns ermöglicht, in den letzten Jahren große Innovationssprünge zu machen.

Heute verstehen wir uns als innovativer Entwicklungs- und Produktionsdienstleister mit dem Schwerpunkt der Textilbeschichtung. Wir entwickeln und produzieren fast ausschließlich kundenspezifische Speziallösungen.

Durch die Kombination von Beschichtungen auf Textilien erhalten diese hybriden Wertstoffe ganz neue Eigenschaften.

Sie fertigen ausschließlich am Standort Deutschland. Warum? Sind Sie nie in Versuchung geraten, Niederlassungen in anderen Ländern zu gründen, um beispielsweise von einem niedrigeren Lohnniveau zu profitieren?
Wir beliefern heute von unserem Stammsitz in Süddeutschland globale Lieferketten. Zwar produzieren wir damit in einem Hochlohnland, viel wichtiger für uns sind jedoch Know-How und der Drang unseres Teams, Neues zu schaffen. Globalisierung wird auch zukünftig der Schlüssel zum Erfolg sein. Aus diesem Grund wird es für uns mittel- bis langfristig interessant, auch mit Niederlassungen in Nordamerika und Asien vor Ort zu sein. Noch ist dies jedoch zu früh für uns.

Sie nutzen in Ihrem Unternehmen intensiv KVP- und Kaizen-Techniken. Wie kam es zu einem japanischen Konzept auf der Schwäbischen Alb?
KAIZEN, der Wandel zum Besseren, sind eigentlich deutsche Tugenden. Der Drang, Dinge zu verbessern und zu optimieren, steckt in uns allen. Durch den kontinuierlichen Verbesserungsprozess bleiben wir nicht stehen und entwickeln uns ständig weiter. Und dann ist da noch die persönliche Affinität zu Japan. Ein Blick auf eine andere Kultur öffnet einfach den Horizont. Und wenn man dann noch Parallelitäten in der Arbeitsmethodik erkennt, ist dies umso besser.

Vor nunmehr 10 Jahren haben Sie sich neuen Märkten zugewandt: Aviation, Automotive, Protection, Caravan und Möbelbau, um nur einige zu nennen. Einige dieser Segmente sind unter der Covid-19-Pandemie signifikant eingebrochen. Welche Marktentwicklung erwarten Sie mittelfristig und welche Konsequenzen wird das für Ihr Unternehmen haben
Natürlich haben zum Beispiel die Aviation oder Automotive Industrie substanzielle Probleme in oder durch die Covid-19-Pandemie. Ganz ehrlich sind viele dieser Probleme aber auch schon vorher vorhanden gewesen, wurden nur wie durch einen Brandbeschleuniger weiter verschärft. Natürlich treffen uns diese Einbrüche auch ökonomisch hart. Jedoch verfolgen wir langfristige Ziele. Als Mittelständler muss man die Resilienz haben, seinen Weg weiter zu beschreiten. Durch unsere Spezialisierung und durch unseren Branchensplit, den wir jeden Tag vorantreiben, schaffen wir es, uns immer weiter von konjunkturellen Entwicklungen in einzelnen Branchen abzukoppeln. Dies bietet für unsere Kunden den großen Vorteil, einen sehr stabilen Partner mit langfristiger Ausrichtung zu haben.

Für die Zukunft sind wir optimistisch. Die Megatrends Nachhaltigkeit, Digitalisierung und weiterhin Globalisierung werden dazu führen, dass es auch in den oben genannten Brachen, wie in vielen anderen auch, wieder neue Geschäftsmodelle gibt und es zu erneutem Wachstum kommen wird. Unsere Beschichtungen auf Textilien und flexiblen Bahnwaren können dazu eine Vielzahl von Lösungen beisteuern. Wenn Materialien zum Beispiel leichter werden bei identischen Gebrauchseigenschaften oder durch den Einsatz von Biodegradable-Kunststoffen plötzlich biologisch abbaubar sind, ergeben sich viele neue Chancen.

Maßgeschneidert statt Lösungen für Großkunden: Das Thema Individualisierung bis zur Losgröße 1 nimmt heute einen breiten Raum ein. 2015 haben Sie ein großes Entwicklungslabor in Betrieb genommen, in dem Sie verschiedenste Prüftechnologien für Textilien und Kunststoffe vorhalten. Wie stehen Sie zu individuellen Produktlösungen, und in welchen Anwendungsbereichen haben Sie diese erfolgreich umgesetzt?
Prinzipiell kennen wir keine Standards. Wir leben Individualisierung bei geringstmöglichen Losgrößen. In unserem Bereich schaffen wir nicht die Losgröße 1, beginnen aber bereits ab MOQs von 300 lfm bei prozesssicherer Serienfertigung. Wir haben nur sehr wenige fertige Produkte, und vor allem haben wir keine Kollektionen. Unser Entwicklungslabor ist hierzu der Schlüssel. Wir haben die Möglichkeiten, zusammen mit unseren Kunden sehr schlanke Entwicklungsprozesse zu realisieren. Bereits im Labormaßstab können wir innerhalb weniger Stunden neue Produkte entwickeln und prüfen. Die Skalierung in die Fertigung streben wir dann bereits sehr früh an, um Serienergebnisse zu erhalten. Damit bieten wir unseren Kunden eine Geschwindigkeit und Schlagkraft, die ein besonderes Potential für unsere Partner darstellen.

Sie erfassen wichtige Einsatzfaktoren im Produktionsprozess und werten sie in monatlichen Umweltanalysen aus. Welche Faktoren sind dies konkret und inwiefern haben deren Analysen den Produktionsbetrieb bereits verändert? Wie definieren Sie Umweltmanagement für Ihr Unternehmen
Umweltmanagement bedeutet für uns einen ganzheitlichen Ansatz. Prinzipiell betreiben wir Produktionsaggregate und stellen Produkte her, die viele Ressourcen verbrauchen. Durch die hohen Produktionsmengen kumuliert sich dies weiter. Aus diesem Grund ist es für uns selbstverständlich, dass wir unsere Input- und Output-Ströme erfassen, auswerten und davon Maßnahmen ableiten. Dies ist ökonomisch sinnvoll, ist aber auch durch unsere Verantwortung für unser Umfeld geboten. Konkret sind dies energetische Verbrauchswerte, Verbrauchsdaten von Primärchemie, Stromlastspitzen, unser Co2-Fußabdruck, um nur einige wenige zu nennen. Diese Betrachtung hat uns in vielen Bereichen verändert. Heute betreiben wir ein Kraftwerk mit Gas-Brennwerttechnologie, unsere freien Dachflächen sind begrünt oder tragen Photovoltaikmodule, wir bieten unseren Mitarbeitern und Besuchern Elektrotankstellen an, und zuletzt haben wir die gesamte Stromversorgung unserer Fabrik auf umweltfreundliche Wasserkraft umgestellt.

Mit nopma bauen Sie seit mehreren Jahren eine Marke für den Bereich Technische Textilien auf und kommunizieren diese über eine eigene Website parallel zur Carl Meiser GmbH & Co. KG. Wie kam es zu diesem Markennamen und welches Produktportfolio steckt dahinter
Dies ist der Name eines ersten technischen Textilprodukt aus den 1990er Jahren. Es handelte sich um ein mit Punkten beschichtetes Textil. Noppen auf Maschenware. NOPMA. Mein Vater hat diese Marke kreiert.

2016 haben Sie in eine zusätzliche Produktionslinie für nopma-Produkte investiert und direkt eine Serienbelieferung im NAFTA-Raum starten können. Wie bewerten Sie die Marktchancen aktuell für Nordamerika und Mexiko?
Wir sehen weiterhin Chancen in der Globalisierung und damit auch im nordamerikanischen Markt. Durch die Pandemie sind diese Märkte jedoch immer noch schwer getroffen, und es gibt größere Verwerfungen. Wenn sich diese wieder normalisieren, werden auch wir wieder mehr Erfolg vor Ort sehen.

Meiser bietet als Innovationsführer lösungsmittelfreie PU-Klebstoffsysteme als Vorbeschichtungen zur Kaschierung an. Wie beurteilen Sie die Bedeutung solcher Innovationen im Rahmen von REACH?
Diese Innovationen bieten unseren Kunden die Möglichkeit, sich abzukoppeln vom Druck den REACH in manchen Branchen auslöst. Jedoch haben auch wir vereinzelt Produkte, die wir in den letzten Monaten neu entwickeln. Dies beschäftigt uns immer wieder, schafft aber auch Chancen, neue Marktsegmente zu erschließen.

Wie haben Sie die Coronazeit bisher empfunden - als Unternehmen und persönlich? Was möchten Sie auf keinen Fall wieder erleben, was aber vielleicht sogar in den Alltag mitnehmen?
Ich denke, auch diese Zeit hat uns als Gesellschaft, Menschen und selbst als Unternehmer gestärkt. Jede Krise, die man durchlebt, macht einen etwas gelassener für Unvorhergesehenes, aber auch motivierter, seine Ziele zu erreichen. Es gab also aus meiner Sicht durchaus viel Positives an den letzten Monaten. Plötzlich sind zum Beispiel Werkzeuge der Digitalisierung in unserem Alltag akzeptiert, und ich empfinde es schon so, dass man auf den Anderen wieder mehr achtet. Hoffentlich bleibt dies so.

Die futuristische Rolltreppe „Tube“ der Elbphilharmonie ist ebenso imposant, wie das Gebäude selbst und die längste Rolltreppe Westeuropas. Im August hat ein Kölner Startup UV-Technik eingebaut, die die Handläufe ständig reinhält. Zeitgleich haben Sie eine antivirale Funktionsbeschichtung vorgestellt, die auf alle Textilien in Form von Meterware appliziert werden kann. Wie funktioniert das, und für welche Einsatzzwecke ist die Technik geeignet?
Bereits seit vielen Jahren haben wir uns mit antimikrobiellen Ausrüstungstechniken befasst. Begonnen hat dies bereits mit der Schweinegrippe im Jahr 2009/2010. Damals haben wir mit einem jungen Startup erste Kontakte geknüpft und eine Entwicklung gestartet. Mangels Marktinteresse musste dies jedoch nach einigen Monaten wieder eingestellt werden. Heute sind wir Experten im Bereich „Antimikrobielle Ausrüstungen mittels Beschichtungen“. Auch konnten wir enormes Wissen um das Themenfeld Zulassung und Biozidverordnung aufbauen. Wir können unsere Kunden heute ganzheitlich in diesen Themenfeldern unterstützen. Die Funktion durch hautverträgliche Wirkstoffe aus dem Kosmetikbereich mit einem Vesikelbooster kann Viren und Bakterien innerhalb weniger Minuten abtöten.
Da uns die Pandemie die enorme Wichtigkeit eines neuen Hygieneniveaus aufgezeigt hat, sind die Einsatzzwecke sehr vielfältig und differenziert. Den Einsatz in Persönlicher Schutzausrüstung, Arbeitsmöbeln, Fahrzeugen und zum Beispiel Handschuhen haben wir heute bereits realisiert. Prinzipiell ist jede Anwendung prädestiniert, bei der textile Träger vielen Berührungen durch verschiedene Personen in hoher Frequenz ausgesetzt sind. Hier bieten unsere nopma Produkte ein neues Schutz- und Hygieneniveau.

Neue Wege zu gehen, bedeutet Entscheidungsfreudigkeit, Überwindung von Ängsten - und damit auch Mut zum Scheitern. Nicht jedes Projekt kann gelingen. Über welche unternehmerische Entscheidung sind Sie im Nachhinein besonders froh, sie getroffen zu haben
Wir scheitern immer wieder. Dies gehört dazu. Jedoch ist es noch nie vorgekommen, dass wir nichts gelernt haben. Ein schönes Beispiel ist auch hier die Pandemiesituation. Wir haben im Frühjahr unsere Unternehmerische Verantwortung für unsere Gesellschaft angenommen und als eines von zwei Unternehmen in Baden-Württemberg geschafft, die Zertifizierung für FFP-Schutzmasken zu erlangen. Da wir nicht am damaligen Revolvermarkt teilnehmen wollen, haben wir diese Produkte nur der öffentlichen Hand zu günstigen Vor-Krisenpreisen angeboten. Die Entscheider konnten sich jedoch über Wochen nicht entschließen und haben nicht bestellt. Dies hat unser ganzes Team damals sehr enttäuscht. Heute haben wir dies überwunden und viel Wissen aus dieser Entwicklung mitgenommen.

 

Die Fragen stellte Ines Chucholowius, CEO Textination GmbH

Koelnmesse 1 (c) Koelnmesse / imm cologne
29.09.2020

imm cologne "We make it happen"

„We make it happen“ ist zurzeit der Leitgedanke des gesamten imm cologne-Teams. Als Botschaft an die Aussteller und Besucher der imm cologne unterstreicht der Leitsatz das klare Bekenntnis der Koelnmesse zum Messe-Events und signalisiert, dass die imm cologne am 18. Januar 2021 ihre Tore öffnen wird. Zur Erhöhung der Reichweite arbeiten die Kölner Messe-Macher an der Verlängerung des Messe-Events über die neue Plattform imm cologne @home ins Digitale.

„We make it happen“ ist zurzeit der Leitgedanke des gesamten imm cologne-Teams. Als Botschaft an die Aussteller und Besucher der imm cologne unterstreicht der Leitsatz das klare Bekenntnis der Koelnmesse zum Messe-Events und signalisiert, dass die imm cologne am 18. Januar 2021 ihre Tore öffnen wird. Zur Erhöhung der Reichweite arbeiten die Kölner Messe-Macher an der Verlängerung des Messe-Events über die neue Plattform imm cologne @home ins Digitale.

„Wir bei der Koelnmesse glauben fest daran, dass mit unserem Hygiene- und Sicherheitskonzept #B-SAFE4business und mit einer positiven Einstellung alles möglich ist“, erklärt Matthias Pollmann, Geschäftsbereichsleiter Messemanagement der Koelnmesse. „Diese progressive Einstellung teilen viele nationale und internationale Aussteller und Besucher mit uns. Sie freuen sich auf den emotionalen Höhepunkt der Branche zum Networken – auch wenn allen klar ist, dass im nächsten Jahr vieles anders sein wird“, so der Bereichsleiter weiter.

Maximale Reichweite durch digitale Formate
Die zweite zentrale Herausforderung für das Team um Matthias Pollmann und Claire Steinbrück ist es, auch die Besucher zu erreichen, die wegen der Pandemie nicht nach Köln reisen können oder wollen. „Mit der Erweiterung der Messe in den digitalen Raum haben wir die besten Chancen, unsere Reichweite zu erhöhen. Die digitale Reichweite wird künftig von all unseren Messen als neues Erfolgskriterium herangezogen werden. Es wird also nicht mehr nur um die Anzahl der Aussteller und die Anzahl der Besucher sowie deren Herkunft gehen – wir wollen uns auch an der digitalen Reichweite messen lassen“, kommentiert Matthias Pollmann die Strategie der imm cologne für die Zukunft. “Es soll gezeigt werden, wie viele Kontakte die Aussteller über den rein physisch anwesenden Besucher hinaus global generieren können“, ergänzt Claire Steinbrück. „Die Gamescom war so etwas wie unser Future Lab für die Konsumentenansprache, und die noch in diesem Monat stattfindende DMEXCO wird unser Blueprint für Fachbesucher-Messen. Aus den Erfahrungen dieser beiden Messen werden wir für die imm cologne bis Ende Oktober einen digitalen Maßanzug schneidern“, skizziert das Messemanagement-Team die Weiterentwicklung der imm cologne zu einem hybriden Format.

Startklar: imm cologne @home ist in der Beta-Phase
Mit der neuen Plattform imm cologne @home erweitert die imm cologne nicht nur die Business Opportunities der Aussteller, sondern erreicht auch ein breites Spektrum an Besuchern. Hierdurch erhält die Messe vielfältige zusätzliche Möglichkeiten der Interaktion. Hier kann man sich mit der Branche virtuell austauschen, mit relevanten Kontakten vernetzen und sein Business voranbringen. Neben verschiedenen digitalen Bühnen mit Live-Streams – zum Beispiel vom anerkannten Vortragsforum „The Stage“ – gibt es offene und thematisch kuratierte Video-Chats im Virtual Café, und online teilnehmende Messebesucher können zudem in privaten Showrooms der imm cologne-Aussteller exklusive Neuheiten erleben.

Aussteller profitieren unmittelbar von zusätzlichen Kontakten und Reichweiten
Anders als gängige Webinar- und Videoconferencing-Systeme bietet die imm cologne @home ihren Ausstellern neben dem Streamen von Inhalten auch die Möglichkeit, in den sofortigen direkten Austausch mit den Kunden zu treten. Die imm cologne @home bietet somit echtes Networking, direkte Gespräche und Lösungen in Echtzeit – ein entscheidender Vorteil für jeden Aussteller.

Auch die Besucher und Aussteller der LivingKitchen werden von dem neuen hybriden Format profitieren. Hier werden nicht nur Events und Vortragsprogramme digital abgebildet, sondern auch alle Funktionen der neuen Plattform auf die LivingKitchen übertragen. imm cologne @home wird als Website und als App den Besuchern der internationale Einrichtungsmesse zur Verfügung gestellt und soll in Zukunft auch zwischen den Messe-Veranstaltungen als Informations- und Kommunikations-Hub und als digitaler Messeplatz für Besucher und Aussteller genutzt werden können.

Digitaler Content von imm cologne & Ausstellern für das Erfolgskonzept hybride Messe
„Wir werden bis Ende Oktober entscheiden, welche Tools wir aus dem großen Baukasten der DMEXCO auf die imm cologne übertragen werden. Dafür ist uns auch die Meinung unserer Aussteller wichtig. Entscheidend ist alles, was sie in ihrem Business unterstützt“, so Pollmann. Dabei appelliert er auch an die Branche: „Den Weg in die hybride Zukunft können und wollen wir nicht allein gehen. Um die virtuellen Besucher zu erreichen ist es von entscheidender Bedeutung, dass neben dem Content, den wir als imm cologne generieren können, auch unsere Aussteller digitalen Content produzieren! Denn auch hier gilt, genauso wie bei der physischen Messe: Wir stellen die Plattform und aktivieren die Besucher zur Teilnahme; die Produkte, die Innovationen, die Geschichten – das ist Content, der von den Ausstellern selbst kommen muss.

„You make it possible – we make it happen.“
Für die imm cologne ist es wichtig, dass sowohl die Aussteller als auch die Besucher realisieren, dass die Messe nur ein Erfolg für sie selbst, für die Branche und für den Wirtschaftsstandort Deutschland bzw. Europa werden kann, wenn sie den Leitgedanken der imm cologne für sich adaptieren. „You make it possible – we make it happen,“ formuliert Matthias Pollmann deshalb seine Einladung an die Branche zur imm cologne.

Weitere Informationen:
imm cologne
Quelle:

Koelnmesse GmbH

Foto: Wilhelm-Lorch-Stiftung.
11.08.2020

Fordern und Fördern - Nachwuchsqualifizierung im Namen der Wilhelm-Lorch-Stiftung

  • Interview mit Klaus Kottmeier, Elke Giese, Markus Gotta, Prof. Dr.-Ing. habil. Maike Rabe

Im Juni 1988 stellten Gesellschafter und Geschäftsführung des Deutschen Fachverlages der Branche die Wilhelm-Lorch-Stiftung vor. Ihr Zweck ist die Förderung der Berufsbildung einschließlich der Studentenhilfe sowie die Förderung von Wissenschaft und Forschung.

Bei ihrer Gründung mit einem Vermögensstock von 300.000 DM ausgestattet, beträgt das Stiftungsvermögen inzwischen mehr als 2,85 Millionen Euro (Stand Dezember 2019). Seit 1988 wurden bis heute Förderpreise von rund 1.933.564 Euro (Stand Juni 2020) verliehen, um so die Aus- und Fortbildung junger Menschen aus allen Bereichen der Textilwirtschaft zu unterstützen, wobei insbesondere begabte Nachwuchskräfte im Fokus stehen.

  • Interview mit Klaus Kottmeier, Elke Giese, Markus Gotta, Prof. Dr.-Ing. habil. Maike Rabe

Im Juni 1988 stellten Gesellschafter und Geschäftsführung des Deutschen Fachverlages der Branche die Wilhelm-Lorch-Stiftung vor. Ihr Zweck ist die Förderung der Berufsbildung einschließlich der Studentenhilfe sowie die Förderung von Wissenschaft und Forschung.

Bei ihrer Gründung mit einem Vermögensstock von 300.000 DM ausgestattet, beträgt das Stiftungsvermögen inzwischen mehr als 2,85 Millionen Euro (Stand Dezember 2019). Seit 1988 wurden bis heute Förderpreise von rund 1.933.564 Euro (Stand Juni 2020) verliehen, um so die Aus- und Fortbildung junger Menschen aus allen Bereichen der Textilwirtschaft zu unterstützen, wobei insbesondere begabte Nachwuchskräfte im Fokus stehen.

Textination sprach mit dem ehemaligen Aufsichtsrat der Deutscher Fachverlag GmbH, dem aktuellen Vorstand und Gründungsmitglied der Stiftung, Klaus Kottmeier, sowie drei Kuratoriumsmitgliedern: Frau Elke Giese – Trendanalystin und Modejournalistin, Markus Gotta, Geschäftsführer der Deutscher Fachverlag GmbH, sowie Frau Prof. Dr.-Ing. habil. Maike Rabe, die zum 1. September 2020 den Vorsitz des Stiftungsrates übernimmt, über die herausfordernde Aufgabe, in einem von der Pandemie geprägten Umfeld die Stiftungsarbeit erfolgreich weiterzuführen..

Die Zahl 3 scheint eine ganz besondere Rolle für die Wilhelm-Lorch-Stiftung (WLS) zu spielen. 1988 wurde sie anlässlich des 30. Forums der TextilWirtschaft vorgestellt und bei ihrer Gründung mit einem Vermögen von 300.000 DM ausgestattet. 2019 jährte sich die Verleihung der Förderpreise zum 30. Mal. Wenn Sie jemandem, der die Stiftung nicht kennt, die WLS in 100 Worten vorstellen müssten: Welche 3 Aspekte haben sie besonders in der Entwicklung beeinflusst und einzigartig gemacht?

Klaus Kottmeier: In den nunmehr als 30 Jahren hat die WLS von Beginn an eine großartige Unterstützung der Branche erfahren, die bis heute anhält und sich nicht nur in der finanziellen Förderung durch großzügige Zuwendungen, sondern vor allem auch durch tatkräftiges Engagement vieler Branchengrößen in Stiftungsrat und Kuratorium zeigt. Ein zweiter Aspekt ist die einzigartige Bandbreite in den Themen der Förderung, die sich über Design, Wirtschaft und Technik erstreckt und dabei junge Talente im Handel als auch Hochschulabsolventen erfasst und zudem aber auch Bildungseinrichtungen selbst einbezieht. Und Drittens, die Motivation der vielen Bewerber, die wir jedes Jahr erleben und die mit unglaublichem Fleiß ihre Bewerbungsarbeiten erstellen und damit eindrucksvoll ihre Leistungsbereitschaft unter Beweis stellen.

 

Der Name der Stiftung ist eine Hommage an den 1966 verstorbenen Verleger und Gründer der Fachzeitschrift TextilWirtschaft und damit des Deutschen Fachverlags, Wilhelm Lorch. Welche seiner Eigenschaften und Charakterzüge sehen Sie noch heute als beispielgebend für den Nachwuchs in unserer Branche?   

Klaus Kottmeier: Wir sind ein verlegerisches Medienhaus, in dem professioneller Journalismus auf fundierten Recherchegrundlagen immer die Basis darstellt. Damit verbunden sind klassische Werte wie unternehmerischer Mut und Wille, Fleiß und Disziplin, aber auch Verantwortungsbewußtsein und Teamgeist, die von unserem Gründer vorgelebt wurden und auch heute die Kultur unseres Hauses ausmachen. Alles Eigenschaften, die junge Menschen beherzigen sollten und die gepaart mit Leidenschaft für den Beruf den weiteren Weg fördern.

 

Laut Satzung liegt der Stiftungszweck primär in der Vergabe „…von Auszeichnungen und Preisen an Absolventen der Fortbildungsschulen des deutschen Textileinzelhandels, der textiltechnischen Ausbildungsstätten sowie […] für Studienabschluss- oder Doktorarbeiten aus dem Hochschulbereich, soweit sich diese mit Textilthemen beschäftigen.“ Wie national beziehungsweise international arbeitet die WLS?

Prof. Maike Rabe: Die Preise gehen vorwiegend an Absolventen und Bewerber aus Deutschland und dem deutschsprachigen Raum, aber es sind auch immer wieder Talente aus Europa dabei, die in enger Verbindung zum deutschen Markt stehen.

Markus Gotta: Der Fokus liegt eindeutig auf den Kernmarkt Deutschland bzw. DACH, den wir mit der TW publizistisch abdecken – entsprechend machen wir keine internationale Ausschreibung, aber es gibt auch keinen Ausschluss für ausländische Bewerber, einzige Voraussetzung, die eingereichten Arbeiten und Gutachten müssen in Deutsch oder Englisch abgefasst sein.

 

In den jetzt 31 Jahren, in denen die Stiftung Menschen, Projekte und Arbeiten auszeichnet,  haben Sie viele junge Nachwuchskräfte getroffen, die unsere Branche bewegt haben oder sicherlich bewegen werden. Gibt es ungewöhnliche Geschichten oder besondere Preisträger, die Ihnen im Gedächtnis geblieben sind? Und wie schätzen Sie die Entwicklung des Ausbildungsniveaus der Bewerber im Laufe der Jahre ein?

Elke Giese: Die Bewerber(innen) kommen aus ganz unterschiedlichen Schulen bzw. Hochschulen, die sich in ihrer Profilierung und ihren Schwerpunkten deutlich unterscheiden. Insbesondere durch die zunehmende Digitalisierung sind die Anforderungen an die Lehre enorm gewachsen. Da sich die Berufsbilder im Modebusiness zudem ständig verändern und auch in Zukunft einem starken Wandel unterworfen sein werden, bleiben die Herausforderungen an Schulen und an Studierende sehr hoch.
Aus jedem Jahrgang bleiben einem besonders talentierte und kreative Persönlichkeiten in Erinnerung. Um eine zu nennen, Elisa Paulina Herrmann aus Pforzheim, die 2017 und 2019 mit Bachelor- bzw. dann Masterarbeit gleich zweimal zu den Preisträgerinnen gehörte. Ihr Können und ihre Originalität waren für das Kuratorium überwältigend. Mittlerweile erstellt sie für Gucci ausgewählte Strick-Kollektionen. Unter den jungen Männern ist Niels Holger Wien zu nennen, der bereits 1995 die Förderung der WLS erhalten hat. Er ist seit vielen Jahren der Spezialist für Farbtrends und Zeitgeist des Deutschen Mode Instituts und aktuell Präsident des weltweit wichtigsten Farbgremiums INTERCOLOR.

Klaus Kottmeier: Es gibt viele Preisträger, die anschließend eine große Karriere genommen haben, um nur einen beispielhaft zu nennen, Dr. Oliver Pabst, heutiger CEO der Mammut Sports Group AG und WLS-Preisträger im Jahr 1994.

 

Durch die Nähe zur TextilWirtschaft assoziiert man die Stiftung primär mit Fashiondesign und Themen aus der Bekleidungsproduktion oder -vermarktung. 2020 haben Sie mit zwei Projektförderungen Smart Textiles ins virtuelle Scheinwerferlicht gestellt. Wie sehen Sie künftig Themen aus dem Bereich technische Textilien? Können Sie sich dort einen neuen Schwerpunkt vorstellen?

Prof. Maike Rabe: Vorweg, die WLS fördert begabte junge Persönlichkeiten, die aufgrund ihrer Ausbildung in der gesamten Textil- und Bekleidungswirtschaft beruflich tätig werden können. Dazu gehört natürlich auch der Bereich technische Textilien, der in Deutschland in Bezug auf die Produktion eine sehr hohe Bedeutung hat und dabei als Standort technologisch führend ist. Hier sind die Grenzen zur Bekleidung fließend, denken Sie nur an Outdoor- oder Sportartikel.     „    

Klaus Kottmeier: Unser hervorragend besetztes Kuratorium ist offen für sämtliche innovativen Themen der Branche. Dabei sind gerade Innovationen aus dem Bereich technischer Textilien wichtige Zukunftsthemen. So ging 2017 der Förderpreis an die Anna-Siemsen-Schule, berufsbildende Schule für Textiltechnik und Bekleidung in Hannover, über den wir die Beschaffung einer  Schnittkonstruktionssoftware unterstützt haben.

 

Die Wilhelm-Lorch-Stiftung hat sich zum Ziel gesetzt, qualifizierten Branchennachwuchs in der Textil- und Modebranche zu fördern. Eine Förderung zur Existenzgründung schließen Sie jedoch aus. In Zeiten, in denen Start-ups nicht nur durch entsprechende TV-Formate, sondern auch durch Branchenverbände zunehmend Aufmerksamkeit erfahren, muss das Gründe haben. Worin liegen diese und wie schätzen Sie die künftigen Perspektiven ein?

Klaus Kottmeier: Eine Förderung zur Existenzgründung schließt sich durch §2 unserer Satzung aus, in dem der Stiftungszweck festgelegt ist. Die WLS hat sich ausschließlich dem gemeinnützigen Zweck verschrieben. Eine Förderung von Start-ups und Existenzgründungen würde dem widersprechen. Wir konzentrieren uns daher voll und ganz auf die Weiterbildung des Branchennachwuchses bzw. der Förderung von Bildungsinstitutionen, wovon wiederum die gesamte Branche profitiert.

Prof. Maike Rabe: Die Förderung der WLS zielt darauf ab, die Fähigkeit von Absolventen und    jungen Talenten aus der Branche weiter zu entwickeln. Diese sollen sich spezifisch fortbilden, eventuell einen weiteren akademischen Abschluss erringen und auch fachübergreifend dazu lernen. All dies kommt der Branche insgesamt zugute und das ist unser striktes Ziel.


          
Die Stiftung fördert ebenfalls die Aus- und Weiterbildung von jungen begabten Nachwuchskräften, die bereits im Textileinzelhandel tätig sind. Fördermittel stehen zur Abdeckung von Kurs- oder Studiengebühren für eine Weiterqualifizierung zur Verfügung. Die durch den Lockdown während der Pandemie erforderliche Schließung der Geschäfte hat den stationären Einzelhandel schwer getroffen, und auch heute sind wir von einem regulären Geschäftsbetrieb noch Meilen entfernt. Wie sehen Sie vor diesem Hintergrund gezielte Fördermöglichkeiten für Weiterbildungen im E-Commerce-Bereich?

Markus Gotta: Die Themen stationärer Einzelhandel und E-Commerce lassen sich doch nicht wirklich trennen, beides gehört heute längst zu den grundsätzlichen Anforderungen im Modevertrieb und damit auch zu den Themen der Aus- und Weiterbildung insgesamt.
 
Prof. Maike Rabe: E-Commerce ist aus unserer Branche nicht wegzudenken und spiegelt sich natürlich in vielen Förderungen wider. Die Nachwuchskräfte dürfen selber Vorschläge machen, wo und wie sie sich fortbilden möchten. Wir unterstützen das. Ganz besonders möchten wir aber auch die Verbindung von stationärem und digitalen Handel stärken, zu beiden Absatzkanälen gibt es wunderbare Konzepte unserer Preisträgerinnen und Preisträger, natürlich auch in der Kombination.

 

Neue Wege zu gehen bedeutet Entscheidungsfreudigkeit, Überwindung von Ängsten - und damit auch Mut zum Scheitern. Nicht jedes Projekt kann gelingen. Über welche Entscheidungen sind Sie bei Ihrer Stiftungsarbeit im Nachhinein besonders froh, sie getroffen zu haben?

Markus Gotta: Dass wir das Projekt der Summer School im vergangenen Jahr durchgeführt haben. Damit haben wir quasi Neuland mit der Stiftung betreten, und dies in Kooperation mit der Hochschule Niederrhein sehr erfolgreich.

Elke Giese: Gerade im Bereich Design und Kreation kommt es darauf an, aus der vorliegenden Arbeit und den Informationen eines Bewerbers auch dessen künftiges kreatives Potential zu erkennen. Ich freue mich daher immer besonders, wenn das Kuratorium mutige und progressive Entscheidungen getroffen hat.   

 

Die Wilhelm-Lorch-Stiftung bietet Hochschulen und Bildungseinrichtungen Projektförderungen in Höhe von 10.000 €. Sie machen da keine thematischen Einschränkungen, sondern verlangen lediglich, dass ein deutlicher Bezug zur nachhaltigen Weiterbildung des jungen Nachwuchses der Textil- und Modebranche bestehen muss. Nach welchen Kriterien entscheiden Sie abschließend, welches Projekt gefördert wird?

Elke Giese: Ein Kriterium ist die Relevanz für die zukünftigen Entwicklungen in der Textil- und Modebranche. Projekte der letzten Jahre ermöglichten Schulen und Bildungseinrichtungen beispielsweise die Ausbildung an Lasercuttern, 3-D-Druckern, aber auch die Anschaffung moderner Strickmaschinen bzw. Softwareprogramme.

Prof. Maike Rabe: Alle eingereichten Projekte werden von den Fachexperten der Jury sehr streng in einem Punktesystem bewertet. Daraus entsteht eine engere Auswahl, die dem Kuratorium vorgestellt und von diesem intensiv diskutiert wird. Wichtigste Kriterien sind nachhaltige Vermittlung innovativer Lerninhalte, praxisnahe Ausbildung und die Umsetzbarkeit des eingereichten Projektes.

 

Für Nachhaltigkeit gibt es die verschiedensten Definitionen. Kunden erwarten unter diesem Begriff alles – von Klimaschutz bis Ökologie, von Vor-Ort-Produktion in der Region bis zum Ausschluss von Kinderarbeit usw. Das öffentliche Beschaffungswesen stellt zunehmend auf nachhaltige Textilien um. Was bedeutet das für die WLS, und was tun Sie, um nachhaltiges Denken und Agieren nicht nur bei Nachwuchskräften zu fördern?

Prof. Maike Rabe: In der Stiftung orientieren wir uns bei dem Begriff „Nachhaltigkeit“ am Bericht der Vereinten Nationen, Weltkommission für Umwelt und Entwicklung, der so genannten Brundtland-Kommission von 1987: „Nachhaltige Entwicklung ist eine Entwicklung, die den Bedürfnissen der heutigen Generation entspricht, ohne die Möglichkeiten künftiger Generationen zu gefährden, ihre eigenen Bedürfnisse zu befriedigen.“ Die Textil- und Bekleidungswirtschaft spielt als global enorm vernetzte Branche mit komplexen Lieferketten eine Vorreiterrolle, die auf jeden Fall auch eine Vorbildrolle einnehmen sollte. Wir legen deshalb bei allen Preisträgern darauf wert, dass sie diese Kriterien beachten, und versuchen zugleich, Personen, die mit ihren Arbeiten und ihrem Handeln Verbesserungsvorschläge bieten oder gar Verbesserungen schon durchführen, eine Plattform zu geben.

 

Virtuell statt Red Carpet: Üblicherweise werden die Förderpreise im festlichen Rahmen des Forums der TextilWirtschaft verliehen. 2020 konnte es aufgrund der Covid-19 „nur“ eine digitale Version in Form eines Kurzfilms geben. Für wie wichtig erachten Sie Vernetzungsmöglichkeiten, die sich in der Begegnung mit einflussreichen Persönlichkeiten ergeben? Oder hat sich ein solches Format in Zeiten der Videokonferenzen überholt?

Prof. Maike Rabe: Es ist sicherlich beachtlich, was digitale Veranstaltungsformate leisten können. Eines funktioniert dabei aber nicht: Spontanität, persönlicher Kontakt und Nähe. So ist es wirklich schade, dass das Forum in diesem Jahr coronabedingt ausfallen musste. Gerade für Berufseinsteiger ist die Chance auf direkte Vernetzung von großem Wert.

Markus Gotta: Das Bedürfnis nach persönlichem Austausch und Treffen wird auch in Zukunft von großer Bedeutung und Nachfrage sein. Und ich kann an dieser Stelle sagen: Schon jetzt arbeiten wir an den Planungen für das TW Forum 2021 als Live- und Begegnungs-Event mit den Top-Entscheidern der Branche.

 

Auf welchen gesellschaftlich relevanten Themenfeldern sehen Sie in den nächsten fünf Jahren besonders großen Innovations- und Handlungsbedarf? Wie ist Ihre Einschätzung, dass Förderungen – beispielsweise durch die Wilhelm-Lorch-Stiftung - dabei gezielt Lösungsansätze unterstützen können? Und welche Rolle spielen bei dieser Einschätzung die Erfahrungen aus der Corona-Pandemie?

Prof. Maike Rabe: Wir denken nicht in Fünfjahreszeiträumen, die heutige Zeit erfordert eine viel größere Agilität – das gilt für die Stiftung genauso wie für die gesamte Branche. Wir richten uns da-her mit jeder Preisvergabe wieder neu an aktuellen Themen aus. Dabei werden Themen wie Ästhetik, Funktion, Innovation weiterhin eine große Rolle spielen, ebenso Qualität statt Quantität, ökosoziale Gerechtigkeit und Kundenbindung. Wichtig ist aber auch, dass unsere stark vom Mittel-stand getragene Wirtschaft in der Öffentlichkeit und in der Politik deutlich wahrgenommen wird, da-ran müssen wir noch arbeiten.

Klaus Kottmeier: Dem Schluss-Statement von Frau Prof. Rabe schließe ich mich gerne an. Agilität ist auch in einem Medienhaus wie unserem von großer Bedeutung. Wir leben in einem ständigen Transformationsprozess mit steten Veränderungen, denen es zu begegnen gilt. Die Corona-Pandemie hat uns sehr eindrucksvoll vor Augen geführt, wie schnell ursprüngliche Planungen zur Makulatur werden können. Heute und auch in Zukunft mehr als jemals zuvor ist ständige Verände-rungsbereitschaft gefordert, das gilt für uns aber auch für unsere hoffnungsvollen Nachwuchskräfte.

Das Interview führte Ines Chucholowius,
Geschäftsführerin der Textination GmbH

Textildruckerei Heinrich Mayer GmbH, Michael Steidle (c) Textildruckerei Heinrich Mayer GmbH
21.07.2020

„COVID-19 - Wir hätten mehr als edle Ritter auftreten dürfen und sollen." Michael Steidle, Textildruckerei Heinrich Mayer GmbH

  • Interview mit Michael Steidle, Geschäftsführer Textildruckerei Heinrich Mayer GmbH

Zumindest Europa scheint nach Wochen des Lockdown während der Corona-Pandemie wieder vorsichtig aufatmen zu können. Die Textilwirtschaft, eine Industrie, die als eine der ersten Globalisierung seit vielen Jahren lebt, steht vor der Herausforderung, ihren Platz in der neuen Normalität zu behaupten und schnellstmöglich an die frühere Leistungsfähigkeit anzuknüpfen.
Textination sprach mit drei Unternehmensvertretern entlang der textilen Kette über persönliche und betriebliche Erfahrungen.

  • Interview mit Michael Steidle, Geschäftsführer Textildruckerei Heinrich Mayer GmbH

Zumindest Europa scheint nach Wochen des Lockdown während der Corona-Pandemie wieder vorsichtig aufatmen zu können. Die Textilwirtschaft, eine Industrie, die als eine der ersten Globalisierung seit vielen Jahren lebt, steht vor der Herausforderung, ihren Platz in der neuen Normalität zu behaupten und schnellstmöglich an die frühere Leistungsfähigkeit anzuknüpfen.
Textination sprach mit drei Unternehmensvertretern entlang der textilen Kette über persönliche und betriebliche Erfahrungen.

Den vorläufigen Schlusspunkt setzt nach Wolfgang Müller, Vertriebs- und Serviceleiter beim Textilmaschinenbauer Mayer & Cie. GmbH & Co. KG und Andreas Merkel, Geschäftsführer der Gebr. Otto Baumwollfeinzwirnerei GmbH & Co. KG, Michael Steidle, Geschäftsführer der Textildruckerei Heinrich Mayer GmbH. Das Familienunternehmen auf der Schwäbischen Alb ist führend in der textilen Druckveredelung, im Sieb-, Rouleaux-, Rotations-, Sublimations- und Flockdruck sowie in der 3D-Beschichtung. Es setzt diese Kompetenzen zunehmend im Bereich technischer Textilien ein.

Wie haben Sie die Coronazeit bisher empfunden - als Unternehmen und persönlich?
Was möchten Sie auf keinen Fall wieder erleben, was aber vielleicht sogar in den Alltag mitnehmen?

Die Coronazeit hat uns heftig getroffen. Anfang April hat es sich manchmal angefühlt, als würde in den nächsten 24 Stunden das Licht ausgehen. In Zahlen steht da ein Umsatzrückgang von 30 Prozent.
Und das geht ja nicht nur uns so, diese Krise zieht unheimlich weite Kreise. In meiner Arbeit bei der IHK habe ich mit vielen Unternehmen in der Region zu tun. Auch Branchen, die einem spontan nicht einfallen würden, spüren die Effekte. Das geht bis zum Recycling-Unternehmen. Schließlich fällt auch weniger Gewerbemüll an, wenn die Unternehmen in Kurzarbeit sind.
Im persönlichen Bereich kann man mit der Krise umgehen, Handhygiene, Niesetikette, das alles kann man lernen. Wobei wir den zwischenmenschlichen Kontakt vermissen. Wir haben eine Tochter im Teenager-Alter; gerade den jungen Leuten fehlt es, dass sie mit Gleichaltrigen unterwegs sein können.

 
Was bedeutete die Pandemie wirtschaftlich bisher für Ihr Unternehmen?
Wie gesagt, die Coronazeit hat uns einen deutlichen Umsatzrückgang gebracht. Das heißt, wir überlegen zweimal, bevor wir Geld ausgeben. Zum Jahresanfang sind wir in unser neues, großzügiges Firmengebäude umgezogen. Da sind noch einige kleinere Investitionen zu tätigen. Bisher schieben wir die auf, bis sich die Situation wieder beruhigt hat. Und so geht das vielen. Das Wirtschaftsgeflecht ist durch den Lockdown extrem aus dem Ruder geraten.
Kurzarbeit haben wir beantragt, die läuft seit drei Monaten. Allerdings muss man sehen, wie lange das sinnvoll ist. Unsere Kunden hatten ja auch Umsatzeinbrüche, die sie erst wieder aufholen müssen.

 
Zu welchen Anpassungen oder Neuerungen haben Sie sich für Ihr Produktportfolio durch die Pandemie veranlasst gesehen?
Die Maskenproduktion war im April und Mai ein ganz starkes Thema, das Telefon hat quasi dauergeklingelt. Damit konnten wir viele Aufträge, die anderweitig weggefallen sind, kompensieren.
Wir haben schnell reagiert, nicht nur Masken klassisch bedruckt, sondern Beschichtungen für medizinische Gesichtsmasken und Schutzkleidung entwickelt. Die Beschichtungen, die wir anbieten, sind antibakteriell und verfügen über den Lotuseffekt. Der führt zur Tröpfchenbildung der Aerosole. Im Eilverfahren haben wir diese Innovationen prüfen und zertifizieren lassen.
Unsere Maschinen haben wir ad hoc umgebaut, so dass wir statt Farbe innovative Beschichtungen aufbringen konnten. Das war sogar für bereits konfektionierte Masken möglich.
Diese Fähigkeit schnell zu reagieren, die sehe ich generell als eine unserer großen Stärken. Wir sind ein kleines Unternehmen, so dass der Weg von der Idee bis zur Umsetzung nie weit ist. Erkennen wir einen Trend, eine Chance in unserer Branche, gehen wir mit uns Gericht: Haben wir Ressourcen, die man einsetzen oder anpassen könnte, um rasch eine solide, verkaufsfähige Lösung anzubieten? Das bezieht sich auf Know-how, Ideen, Maschinen und, bei größeren Projekten, auch Partner. Da haben wir erfahrungsgemäß einerseits die nötige Fantasie, andererseits aber auch einen ziemlich realistischen Blick auf uns selbst. Wenn wir die Frage mit „Ja“ beantworten können, legen wir los, und zwar zackig. Einen Versuch können wir abends bewerten und am nächsten Tag daran weiterarbeiten. Da braucht es vorher keine Besprechung mit fünf Mann.
 

Wie sehen Sie künftig auf globale Lieferketten, und werden Sie für Ihre Beschaffungspolitik Konsequenzen ziehen?
Um globale Lieferketten kommen wir nicht herum, das wird weiter so bleiben. Kurzfristig mag man sich auf die regionale Beschaffung besinnen, soweit das überhaupt noch möglich ist. Viele Dinge sind einfach nicht mehr verfügbar und die Entwicklung über die letzten 30 Jahre kann man nicht zurückdrehen. Nehmen wir Pigmentfarbe: Die kommt aus Indien und China, sonst gibt es die nicht mehr. Die Preise kann in Europa niemand halten. Und ja, das bedeutet auch, dass die Produktion von systemrelevanten Produkten nicht mehr gewährleistet werden könnte.

          
Wie schätzen Sie die Bedeutung von Partnerschaften innerhalb der Industrie künftig ein? Hat COVID-19 Potential, die Entstehung neuer Kooperationen für Ihr Segment zu fördern oder sind sie bereits entstanden?
Bestehende Partnerschaften sind wichtig. Für alle muss es weitergehen, unterbrochene Projekte müssen fortgeführt werden, und zwar mit bestehenden Partnern.
Wichtig finde ich, Partnerschaften auf Augenhöhe zu pflegen. Klar, jetzt muss jeder erst mal schauen, wie er selbst über die Runden kommt. Es wird sich aber zeigen, wer langfristig loyal und kaufmännisch ehrbar arbeitet.
Mir ist es persönlich wichtig, zu meinem Wort zu stehen. Erst vor ein paar Tagen habe ich mit einer Studentin gesprochen, der wir im Februar ihren Praktikumsplatz und eine entsprechende Bezahlung zugesagt haben. Diese junge Frau kann ihr Praktikum bei uns antreten; bei der Bezahlung musste ich ihr aber ehrlich sagen, dass wir darüber nochmal sprechen müssen. Das war zum Glück kein Problem. Wichtig ist der Studentin, dass sie das geforderte Praktikum überhaupt absolvieren kann. Das ist gar nicht so einfach, da die meisten Betriebe gerade niemand aufnehmen. Auch das ist nachvollziehbar, aber wir werden die gut ausgebildeten Leute bald wieder brauchen, soviel ist sicher!

 
Welche Initiativen oder Ansätze für Ihre Branche würden Sie für die nahe Zukunft begrüßen?
Mir wäre sehr an einer positiven und umfassenden Darstellung gelegen, was an Wertschöpfung in Deutschland noch da ist. Eine Initiative, die zeigt, dass die Textilbranche eine wichtige Industrie ist, mit vielen Betrieben, die seit Generationen in Familienhand sind, vielfach mit einer jungen, dynamischen Geschäftsführung und hochwertigen Produkten. Das hat keiner so richtig auf dem Schirm. Gerade heute waren zwei Designerinnen eines Unternehmens hier aus der Nähe bei uns. Sie waren überrascht, welche Leistungen wir im Bereich der technischen Textilien mittlerweile anbieten, das war ihnen gar nicht bewusst.
Die Textilindustrie hat sich lange Zeit selbst kleingeredet, das muss aufhören. Natürlich haben wir keine Wertschöpfung mehr wie ein Maschinenbau. Aber jetzt, in der Coronakrise, wäre die Gelegenheit gewesen, dringend benötigte Lobbyarbeit zu leisten.


Was wünschen Sie sich als Teil der deutschen Textilindustrie? Finden Sie, dass der Stellenwert der deutschen Textilindustrie sich in Folge der Pandemie geändert hat, insbesondere hinsichtlich der öffentlichen Beschaffung?
Nein, nur ganz kurzfristig. Während der Krise hat man alles genommen, Hauptsache, das gefragte Produkt, also Masken und Schutzkleidung, war überhaupt verfügbar. Jetzt ist der alte Kreislauf wieder erreicht: Ich habe ein bestimmtes Budget, wo bekomme ich am meisten dafür. Das ist frustrierend, denn die Bereitschaft seitens der Betriebe war hoch, sich dieser Herausforderung zu stellen. Auch wir haben die Entwicklung vorangetrieben, unsere Beschichtungen für Masken im Eilverfahren zertifizieren lassen. Andere haben ihre ganze Produktion umgestellt, um die Nachfrage zu bedienen, unter erheblichen Kosten. Da ist keiner Millionär geworden.
Ich denke, hier hätte sich die Textilbranche besser verkaufen können. Wir alle hätten mehr als edle Ritter auftreten dürfen und sollen. Im Eifer des Gefechts ist das leider untergangen.


Bisher waren die großen Themen Globalisierung, Nachhaltigkeit / Klimawandel / Umweltschutz, Digitalisierung, Arbeitsmarktsituation …? Wo stehen sie heute, und wie sind diese großen Themen vor dem Hintergrund der Covid-19 Pandemie zu bewerten?
Wir tragen dem Thema Nachhaltigkeit mit unseren Zertifizierungen Rechnung, mit GOTS und ISO 9001. Die Digitalisierung funktioniert bei uns auf die Schnelle nicht, das wird Jahre dauern, bis wir Prozesse digitalisieren können. Klar, in der Verwaltung arbeiten wir jetzt vermehrt mit Web-Meetings und Video-Konferenzen, aber mir ist der persönliche Kontakt wichtig. Ich halte regelmäßig Fachvorträge; mein nächster wird an der FH Zürich sein und ich hoffe sehr, dass der stattfinden kann. Ich bin einfach ein Typ für den direkten Austausch.
Die Arbeitsmarktsituation hängt von der Pandemie ab, wie die sich weiter entwickelt. Auf jeden Fall bleibt es schwierig, junge Leute für Textilberufe zu begeistern. Wenn ich einen Handyladen aufmache, brauche ich keinen Tag, bis ich meine Mitarbeiter beieinander habe. Wenn wir uns auf einer Ausbildungsmesse präsentieren, sind wir froh, wenn wir eine Handvoll guter Gespräche führen.
Dabei ist eine Ausbildung so wertvoll. Jemand, der eine hat, wird immer einen anderen Stellenwert haben als ein Ungelernter, selbst wenn er irgendwann in einem ganz anderen Bereich arbeitet. Das duale Ausbildungssystem ist für mich absolut unantastbar, denn von dieser Wirtschaftsleistung leben wir. Wir haben nichts anderes als unser Wissen. Und wir müssen uns immer weiterentwickeln, denn nur das hohe Niveau gibt den nötigen Ertrag.


Was sind die Lehren hinsichtlich dieser Ziele für die Zeit nach Corona?
Innovation, Innovation, Innovation. Man darf nicht stehenbleiben. Keiner weiß, wie es weiter geht. Aber ich muss in drei Jahren von dem leben, was ich heute entwickle, so wie ich heute von dem lebe, was ich vor drei Jahren entwickelt habe. Jetzt, in Zeiten von Corona, ist es ungleich schwerer, sich darauf zu besinnen, doch es hilft nichts: Ich kann nicht wie die Maus vor dem Loch sitzen bleiben, und warten, ob die Schlange kommt oder nicht.

Das Interview führte Ines Chucholowius, Geschäftsführerin der Textination GmbH

Gebr. Otto Baumwollfeinzwirnerei GmbH & Co. KG (c) Gebr. Otto Baumwollfeinzwirnerei GmbH & Co. KG
14.07.2020

Interview mit Andreas Merkel, Geschäftsführer Gebr. Otto Baumwollfeinzwirnerei GmbH & Co. KG

„OTTO hat bereits zwei Weltkriege und eine Pandemie im Jahr 1918 überstanden, wir werden auch diese überstehen“

Zumindest Europa scheint nach Wochen des Lockdown während der Corona-Pandemie wieder vorsichtig aufatmen zu können. Die Textilwirtschaft, eine Industrie, die als eine der ersten Globalisierung seit vielen Jahren lebt, steht vor der Herausforderung, ihren Platz in der neuen Normalität zu behaupten und schnellstmöglich an die frühere Leistungsfähigkeit anzuknüpfen.

Textination sprach mit drei Unternehmensvertretern entlang der textilen Kette über persönliche und betriebliche Erfahrungen.

„OTTO hat bereits zwei Weltkriege und eine Pandemie im Jahr 1918 überstanden, wir werden auch diese überstehen“

Zumindest Europa scheint nach Wochen des Lockdown während der Corona-Pandemie wieder vorsichtig aufatmen zu können. Die Textilwirtschaft, eine Industrie, die als eine der ersten Globalisierung seit vielen Jahren lebt, steht vor der Herausforderung, ihren Platz in der neuen Normalität zu behaupten und schnellstmöglich an die frühere Leistungsfähigkeit anzuknüpfen.

Textination sprach mit drei Unternehmensvertretern entlang der textilen Kette über persönliche und betriebliche Erfahrungen.

Nach Wolfgang Müller, Vertriebs- und Serviceleiter beim Textilmaschinenbauer Mayer & Cie. GmbH & Co. KG übernimmt Andreas Merkel, Geschäftsführer der Gebr. Otto Baumwollfeinzwirnerei GmbH & Co. KG, den zweiten Part der Interviewreihe. Die 1901 in Dietenheim gegründete Spinnerei, die heute als eine der modernsten in Europa gilt, entschied sich gegen eine Produktionsverlagerung ins Ausland und setzt auf Premiumgarne aus Naturfasern ebenso wie auf maßgeschneiderte Kundenlösungen.

Wie haben Sie die Coronazeit bisher empfunden - als Unternehmen und persönlich?
Was möchten Sie auf keinen Fall wieder erleben, was aber vielleicht sogar in den Alltag mitnehmen?

Die Zeit des Lockdown hatte für mich etwas Surreales. Es war schwierig zu begreifen, was real und was virtuell ist. Als positiv habe ich empfunden, dass die Krise die Menschen näher zusammengebracht hat, dass scheinbar Selbstverständlichem mehr Wertschätzung entgegengebracht wurde, wie beispielsweise dem eigenen Arbeitsplatz.
Insgesamt habe ich die letzten Monate als keine so negative Zeit in Erinnerung. Das kommt natürlich auch daher, dass wir als Unternehmen bisher glimpflich davongekommen sind. Wir haben keine externen Verpflichtungen wie Mieten, Leasing-Verträge und so weiter zu bedienen. Zudem sehen wir wieder einen deutlichen Aufwärtstrend.  
          
Was bedeutete die Pandemie wirtschaftlich bisher für Ihr Unternehmen?
Das Unternehmen Gebrüder Otto existiert seit 1901, wir haben bereits eine Pandemie überstanden – die Spanische Grippe 1918 – und wir werden auch diese überstehen. Natürlich sind auch bei uns schlagartig viele Aufträge weggebrochen, und wir mussten mit Teilen des Unternehmens in Kurzarbeit gehen. Übrigens ein ungemein sinnvolles staatliches Angebot, das uns geholfen hat, schnell zu reagieren.

Ich habe aber den Eindruck, dass es wieder schwungvoll aus der Krise herausgeht und ich denke nicht, dass wir lange auf dem jetzigen niedrigen Niveau bleiben. So wie es jetzt aussieht, brauchen wir die für Juli beantragte Kurzarbeit in der Spinnerei gar nicht mehr in Anspruch zu nehmen.
Sorgen mache ich mir um die Unternehmen, die diese Krise hart trifft, insbesondere natürlich in unserer Branche. Wir sehen bereits Insolvenzen alteingesessener Unternehmen. Die textile Wertschöpfungskette in Deutschland ist ohnehin schon sehr überschaubar; hoffen wir, dass diese Pandemie sie nicht noch weiter ausdünnt.

Zu welchen Anpassungen oder Neuerungen haben Sie sich für Ihr Produktportfolio durch die Pandemie veranlasst gesehen?
Schon vor der Pandemie haben wir eine erfreuliche Entwicklung beobachtet: Immer mehr Kunden fragen nach nachhaltigen Produkten, die wir ja in großer Bandbreite anbieten.
Vergangenes Jahr haben wir mit dem Aufbau der Marke „Cotton since 1901 – made in Germany“ begonnen und sie im April dieses Jahres gelauncht. Damit wollen wir die Tatsache, dass wir mit unseren in Dietenheim hergestellten Baumwollgarnen ein regionales, transparentes und nachhaltiges Produkt anbieten, noch deutlicher machen. Wir sind seit nahezu 120 Jahren in Deutschland ansässig, sind Teil unseres Stadtbilds und des lokalen Lebens. Wir – und unser Produkt – stehen für Beständigkeit, Verantwortung und höchste Qualitätsansprüche.

Unsere Garne sind die DNA eines hochwertigen Kleidungsstücks. Produkte, die aus „Cotton since 1901“ hergestellt sind, werden in den Läden mit einem entsprechenden Hang-tag versehen.
Wir sind froh, dass wir diese Marke trotz der Schwierigkeiten, die die Corona-Maßnahmen mit sich gebracht haben, lancieren konnten. Denn jetzt ist das Thema wichtiger denn je. Erst kürzlich hatte ich ein Gespräch mit einem Kunden: Es laufe nichts, außer im nachhaltigen Bereich. Kurzum: Hochwertige Produkte bleiben gefragt, während es in der Breite immer schwieriger wird.

Wie sehen Sie künftig auf globale Lieferketten, und werden Sie für Ihre Beschaffungspolitik Konsequenzen ziehen?
Wir haben eine hohe Wertschöpfungstiefe am Standort Deutschland; wir spinnen, zwirnen und färben. Unsere Baumwolle ist extra langstapelig, wir beziehen sie aus Spanien und Israel, von langjährigen Lieferanten. Für unsere eigene Beschaffung gab und gibt es wegen Corona keinen Grund, Konsequenzen zu ziehen.
Allerdings wird die Krise vielen Menschen verdeutlicht haben, dass massig Produkte des täglichen Lebens gar nicht mehr so einfach vor der eigenen Haustür herzustellen sind. Wir brauchen aber eine hohe Verfügungssicherheit am Standort Deutschland. Deshalb sollten wir die regionale Produktion stärken, auch langfristig. Klar, das geht nur in Zusammenarbeit mit Kunden und Partnern, die diese Werte schätzen. Das klappt nicht, wenn alle nur noch den Preis anschauen. Der Preis ist nicht alles. Aus dieser Perspektive war die Pandemie sicherlich ein wichtiger Katalysator.
 
Wie schätzen Sie die Bedeutung von Partnerschaften innerhalb der Industrie künftig ein?
Hat COVID-19 Potential, die Entstehung neuer Kooperationen für Ihr Segment zu fördern oder sind sie bereits entstanden?

Vertikale Partnerschaften werden immer wichtiger. Gut, das bringt die Schrumpfung der Industrie ohnehin mit sich. Wir müssen aber noch mehr zusammenarbeiten und die Qualität der Partnerschaften muss enger werden.
Wenn einer der verbleibenden Spezialisten ausfällt – nehmen wir an, die Unternehmen, die jetzt in Insolvenz gehen, müssten komplett schließen – dann trifft das alle anderen. Solche Spezialisten gibt es nicht wie Sand am Meer, wenn die wegfallen, dann kann man manche Produkte einfach nicht mehr lokal herstellen. Sie können ein noch so gutes Auto bauen, wenn Sie keinen haben, der Ihnen das Lenkrad liefern kann, haben Sie auch kein fertiges Auto.

Welche Initiativen oder Ansätze für Ihre Branche würden Sie für die nahe Zukunft begrüßen?
Regionale Produkte sollten eine übergeordnete Marke erhalten, damit Konsumenten ein regional hergestelltes Produkt als solches erkennen können. So etwas gab es mal in der Schweiz mit Swisscotton. Ich habe das im Textilverband schon mehrfach angeregt. Es wäre das Beste für die Branche, wenn alle Hersteller zusammen ein solches Regio-Label aufbauen würden. Die Konsumenten sind schließlich bereit, Geld auszugeben, wenn sie wissen, woher ein Produkt kommt und dass es fair und nachhaltig hergestellt wurde. Von einer solch gläsernen Wertschöpfung würden alle profitieren. Und die Digitalisierung bietet ja die ideale Plattform dafür.

Was wünschen Sie sich als Teil der deutschen Textilindustrie?
Finden Sie, dass der Stellenwert der deutschen Textilindustrie sich in Folge der Pandemie geändert hat, insbesondere hinsichtlich der öffentlichen Beschaffung?

Was die öffentliche Beschaffung angeht, so kann ich keine Antwort geben, weil uns das eigentlich nicht betrifft.
Aber natürlich hat die Pandemie gezeigt, wie fatal es sein kann, wenn Produkte in Deutschland nicht mehr hergestellt werden, wenn beispielsweise Antibiotika zwar unter dem Namen deutscher Konzerne vertrieben aber eigentlich am anderen Ende der Welt hergestellt werden.
Die Frage ist am Ende ja die: Sind wir in der Textilindustrie systemrelevant? Teilweise ja, meine ich,
denn wenn morgen keiner mehr Garne in Deutschland oder gar Europa produziert, dann hat das Konsequenzen für systemrelevante Produkte. Und dass es eng werden kann, merkt man bekanntlich erst, wenn’s knallt. Deshalb denke ich, dass in einem Land wie Deutschland eine Grundversorgung an Produkten und Technologie vorhanden sein muss. Es geht schließlich auch um die Weiterentwicklung, um Innovationen. Wenn ich eine virenfreie Maske herstellen will, brauche ich Partner vor Ort.

Bisher waren die großen Themen Globalisierung, Nachhaltigkeit / Klimawandel / Umweltschutz, Digitalisierung, Arbeitsmarktsituation …?
Wo stehen sie heute, und wie sind diese großen Themen vor dem Hintergrund der Covid-19 Pandemie zu bewerten?

Für uns bei Otto ist Nachhaltigkeit und Umweltschutz seit langem ein zentraler Unternehmenswert. Wir produzieren unseren Strom zum Teil selber, aus Wasserkraft. Unsere Produkte und Prozesse lassen wir nach höchsten Standards zertifizieren. Oft zeige ich in meinen Vorträgen, wie viel Wasser für die Herstellung von Baumwolle nötig ist, wie wertvoll allein der Rohstoff ist.
Zusammen mit der wertvollen regionalen Wertschöpfung hat uns das zu unserer neuen Marke „Cotton since 1901“ gebracht. Auf den Hangtags an den fertigen Kleidungsstücken wird es einen QR-Code geben, damit der Käufer nachschauen kann, was in seinem Produkt steckt.
Solche Ansätze, die nachhaltig und regional sind, sind eine mega Chance, die wir nutzen müssen. Das hat uns die Coronakrise ganz klar vor Augen geführt.
 
Was sind die Lehren hinsichtlich dieser Ziele für die Zeit nach Corona?Ich fürchte, in vielen Bereichen wird es weitergehen wie bisher. Aber trotzdem: Wir haben auf die Medizinhersteller geschaut, die plötzlich alltägliche Medikamente nicht mehr liefern konnten. Und wir haben vor Augen geführt bekommen, unter welchen Bedingungen Fleischprodukte hergestellt werden.
Wollen wir das? Nein. Am Ende legen Konsumenten Wert auf einwandfreie Produkte – und die sollten wir liefern.

Das Interview führte Ines Chucholowius, Geschäftsführerin der Textination GmbH

07.07.2020

Mayer & Cie.: „COVID-19 - Herausforderung ohne Blaupause“

Interview mit Wolfgang Müller, Vertriebs- und Serviceleiter bei Mayer & Cie. GmbH & Co. KG
 
Zumindest Europa scheint nach Wochen des Lockdown während der Corona-Pandemie wieder vorsichtig aufatmen zu können. Die Textilwirtschaft, eine Industrie, die als eine der ersten Globalisierung seit vielen Jahren lebt, steht vor der Herausforderung, ihren Platz in der neuen Normalität zu behaupten und schnellstmöglich an die frühere Leistungsfähigkeit anzuknüpfen.

Textination sprach mit drei Unternehmensvertretern entlang der textilen Kette über persönliche und betriebliche Erfahrungen.

Interview mit Wolfgang Müller, Vertriebs- und Serviceleiter bei Mayer & Cie. GmbH & Co. KG
 
Zumindest Europa scheint nach Wochen des Lockdown während der Corona-Pandemie wieder vorsichtig aufatmen zu können. Die Textilwirtschaft, eine Industrie, die als eine der ersten Globalisierung seit vielen Jahren lebt, steht vor der Herausforderung, ihren Platz in der neuen Normalität zu behaupten und schnellstmöglich an die frühere Leistungsfähigkeit anzuknüpfen.

Textination sprach mit drei Unternehmensvertretern entlang der textilen Kette über persönliche und betriebliche Erfahrungen.

Den Auftakt in der dreiteiligen Reihe übernimmt Wolfgang Müller, Vertriebs- und Serviceleiter bei Mayer & Cie. GmbH & Co. KG. Der 1905 gegründete Weltmarktführer für Rundstrickmaschinen im baden-württembergischen Albstadt beschäftigt weltweit rund 400 Mitarbeiter und umfasst heute ein internationales Netzwerk von mehr als 80 Verkaufs- und Servicevertretungen.

Wie haben Sie die Coronazeit bisher empfunden - als Unternehmen und persönlich?
Was möchten Sie auf keinen Fall wieder erleben, was aber vielleicht sogar in den Alltag mitnehmen?

Die Coronazeit ist eine Herausforderung ohne Blaupause. Weil es keine Wirtschaftskrise im bisher bekannten Sinne ist, haben wir keine bewährten Lösungen, mit denen wir auf die Situation reagieren könnten. Trotzdem, und das ist meine ganz persönliche Überzeugung, gibt es nie nur eine Kehrseite, auch wenn sich diese Pandemiesituation natürlich denkbar schlecht auf den Auftragseingang auswirkt.
Zu den positiven Aspekten gehört, dass wir gezwungen sind, uns mit Themen zu befassen, die wir sonst in die Zukunft verschoben hätten. Web-Meetings und virtuelle Messen anstatt um die halbe Welt zu reisen. Die gewonnene Zeit können wir zur Prozessoptimierung nutzen.
Persönlich hatte ich zu Beginn des Lockdown mehr Zeit für mich selbst und auch einige Stunden mehr Schlaf als sonst. Dieser positive Nebeneffekt jedoch ist bereits wieder Vergangenheit.    
          
Was bedeutete die Pandemie wirtschaftlich bisher für Ihr Unternehmen?
Lassen Sich mich kurz ausholen: Der Handelsstreit zwischen den USA und China sowie viele kleinere, lokale Konflikte haben dafür gesorgt, dass sich der Textilmaschinenmarkt seit 2018 einer – verständlicherweise – sehr zurückhaltenden Kundschaft gegenübersah. Nach dieser längeren Durststrecke konnten wir seit Anfang 2020 wieder eine steigende Investitionsneigung beobachten, die Corona natürlich jäh unterbrochen hat. Die Pandemie traf uns also zum Zeitpunkt einer Erholung der Branche. Mittlerweile können wir zwar wieder einen konstanten Auftragseingang verzeichnen, allerdings auf einem niedrigeren Niveau als nötig, um unsere Produktion voll auszulasten. Nach den Sommerferien werden wir in Kurzarbeit gehen, bis sich die Situation wieder normalisiert hat.
 
Zu welchen Anpassungen oder Neuerungen haben Sie sich für Ihr Produktportfolio durch die Pandemie veranlasst gesehen?
Kontakt- und Reisestopps haben uns nicht nur gezeigt, wie nützlich Video-Konferenzen sind, sondern uns aufs deutlichste vor Augen geführt, wie wichtig digitale Lösungen sind – und dass wir intensiv daran arbeiten müssen. Bereits vor Ausbruch von Corona haben wir in diesen Bereich viel Arbeit und Wissen investiert, so dass wir auf der ITMA 2019 knitlink vorstellen konnten.
Teil von knitlink ist ein Webshop für Ersatzteile sowie unser neuer Serviceansatz. Mittels einem Ticketsystem, das wir über unser CRM-System aufbauen, und digitalen Maßnahmen in der Serviceunterstützung können wir unseren Kunden schneller und günstiger zur Seite stehen als bisher. Außerdem wird unser Kunde mit knitlink in Zukunft die Betriebsdaten seiner Mayer-Rundstrickmaschine erfassen und auslesen können.

Wie sehen Sie künftig auf globale Lieferketten, und werden Sie für Ihre Beschaffungspolitik Konsequenzen ziehen?
Wir als Lieferant konnten bereits zu Beginn der Coronakrise im März beobachten, dass der Wunsch nach kurzen Lieferketten seitens der Bekleidungshersteller zu mehr Bestellungen aus europanahen Ländern führt. Auch jetzt, wo sich die Lage hoffentlich zu beruhigen scheint, können wir diesen Trend weiter beobachten.
Was unsere eigene Lieferkette anbelangt, so hatten wir während der gesamten Lockdown-Phase erfreulich wenige Probleme und keinerlei Ausfälle.
 
Wie schätzen Sie die Bedeutung von Partnerschaften innerhalb der Industrie künftig ein?
Hat COVID-19 Potential, die Entstehung neuer Kooperationen für Ihr Segment zu fördern oder sind sie bereits entstanden?

Kooperationen können eine große Bereicherung darstellen! Seit gut eineinhalb Jahren arbeiten wir mit einem Amsterdamer Design-Studio zusammen. Unser Partner Byborre entwickelt nicht nur eigene Designs, sondern begleitet Sportartikel- und Bekleidungshersteller Schritt für Schritt bei der Entwicklung von deren Textilien.
Der Kunde nutzt dazu seine eigenen Partner und Lieferanten, während Byborre die nötigen Maschinen und Parameter zur Herstellung der gewünschten Stoffe liefert.
Eigentlich könnte man Byborre als eine Art „`Übersetzer“ bezeichnen. Unser Partner dolmetscht zwischen uns als Maschinenbauer und denjenigen, die am Ende die Stoffe, die auf unseren Maschinen hergestellt werden, verwenden.    
Wir als Techniker wissen natürlich, was unsere Maschinen leisten können. Gemeinsam mit Byborre kitzeln wir neue Designs und Anwendungen heraus.
Abgesehen davon arbeiten wir in verschiedenen Gremien zusammen, beispielsweise im Marketing- und Messeausschuss des VDMA.
Das sind jedoch keine Kooperationen, die sich speziell wegen oder in Folge von Covid-19 ergeben hat. Von einer solchen können wir nicht berichten.

Welche Initiativen oder Ansätze für Ihre Branche würden Sie für die nahe Zukunft begrüßen?
Positiv zu erwähnen sind die Angebote seitens der Landesregierung zur Unterstützung bei Digitalisierungsprojekten, die wir alle vorantreiben müssen.
Wünschenswert wäre auch die Stärkung der regionalen Produktion. Allerdings fehlt mir selbst die Fantasie, wie sich das, außer für hochwertige oder Nischenprodukte, realisieren lassen könnte.

Was wünschen Sie sich als Teil der deutschen Textilindustrie?
Finden Sie, dass der Stellenwert der deutschen Textilindustrie sich in Folge der Pandemie geändert hat, insbesondere hinsichtlich der öffentlichen Beschaffung?

Obwohl wir als Textilmaschinenbauer das Wort „Textil“ im Namen tragen, liegt unsere Heimat im zweiten Teil des Wortes, nämlich im Maschinenbau. Dessen Stellenwert in Deutschland ist bekanntermaßen hoch.
Die Stellung der Textilindustrie hat sich, so meine Wahrnehmung von außen, nicht verändert. Anfang April, als händeringend Masken gesucht wurden, waren zwar viele gute Vorsätze da. Deutschen Herstellern, die dann eine eigene Maskenproduktion aufbauen wollten, wurden jedoch langfristige Zusagen seitens der Regierung verwehrt. Da hat natürlich dann auch keiner investiert. Wahrscheinlich wird also alles beim Alten bleiben: Der Preis regiert und das Hauen und Stechen geht weiter.

Bisher waren die großen Themen Globalisierung, Nachhaltigkeit / Klimawandel / Umweltschutz, Digitalisierung, Arbeitsmarktsituation …?
Wo stehen sie heute, und wie sind diese großen Themen vor dem Hintergrund der Covid-19 Pandemie zu bewerten?

Das alles dominierende Thema ist aktuell Covid-19, dem wird ja alles untergeordnet. Gleichzeitig wirkt es auch wie ein Brennglas: Nehmen wir prekäre Arbeitsverhältnisse, so haben die hohen Infektionszahlen in Schlachtbetrieben dazu geführt, dass keiner mehr wegschauen kann. Auch in Sachen Umweltschutz schafft Covid-19 Fakten. Kaum einer fliegt, gearbeitet wird von zuhause und eingekauft wird auch weniger. Das führt zu weniger Emissionen. Für den Planeten ist die darniederliegende Weltwirtschaft ein Segen. Auch Deutschland schafft voraussichtlich seine Klimaziele für 2020; ohne Corona hätten wir diese Latte gerissen. Was die Globalisierung anbelangt, macht die zumindest Pause und trifft auf regionale Herstellung.
Wie lange das alles so bleibt, muss sich natürlich zeigen. Offensichtlich ist aber, dass wir enorm beweglich sind, wenn wir denn müssen.
 
Was sind die Lehren hinsichtlich dieser Ziele für die Zeit nach Corona?
„Eine Zeit nach Corona“ wird es so ja wohl gar nicht geben, das Virus werden wir nicht mehr loswerden. Wir müssen lernen, damit umzugehen.
Das Virus, oder besser gesagt, die Einschränkungen die wir dadurch erfahren, haben uns kreativ werden lassen. Wir mussten bestehende Prozesse anders bearbeiten – privat wie beruflich. Damit meine ich so alltägliche Dinge wie das Einkaufen ebenso wie Web-Meetings oder das Homeoffice, das es in unserem Unternehmen flächendeckend bisher nicht gab. Dadurch sind wir durchaus effizienter geworden.
Eine weitere Erkenntnis gilt für uns als Mittelständler genauso wie für die Politik. Wir haben die Möglichkeit, die Krise zu meistern und womöglich gar an ihr zu wachsen. Aber nur deshalb, weil wir in guten Zeiten sinnvoll investiert und vor allem solide gewirtschaftet haben.

Das Interview führte Ines Chucholowius, Geschäftsführerin der Textination GmbH

Weitere Informationen:
Mayer & Cie Rundstrickmaschinen
Quelle:

Textination GmbH

(c) SANITIZED AG
16.06.2020

„WAS WENIGER RIECHT, MUSS SELTENER GEWASCHEN WERDEN“

Schweizerische Qualitätsprinzipien plus Innovationskraft: Hygiene und Materialschutz von SANITIZED

Die SANITIZED AG ist als weltweit führendes Schweizer Unternehmen für Hygienefunktion und Materialschutz bei Textilien und Kunststoffen bekannt. Global ausgerichtet, wird mit eidgenössischer Gründlichkeit Pionierarbeit bei der Entwicklung innovativer, wirksamer und sicherer Technologien für antimikrobielle Ausrüstungen geleistet. Textination hatte die Möglichkeit, mit dem CEO Urs Stalder über die wachsende Bedeutung von Hygiene in Zeiten der Pandemie zu sprechen.

Schweizerische Qualitätsprinzipien plus Innovationskraft: Hygiene und Materialschutz von SANITIZED

Die SANITIZED AG ist als weltweit führendes Schweizer Unternehmen für Hygienefunktion und Materialschutz bei Textilien und Kunststoffen bekannt. Global ausgerichtet, wird mit eidgenössischer Gründlichkeit Pionierarbeit bei der Entwicklung innovativer, wirksamer und sicherer Technologien für antimikrobielle Ausrüstungen geleistet. Textination hatte die Möglichkeit, mit dem CEO Urs Stalder über die wachsende Bedeutung von Hygiene in Zeiten der Pandemie zu sprechen.

1935 gegründet, liegt der Mehrheitsbesitz der SANITIZED Aktiengesellschaft heute noch bei den Gründerfamilien. Sie sind Marktführer in Europa für Hygienefunktionen und Materialschutz bei Textilien und Kunststoffen. Wenn Sie sich jemandem, der das Unternehmen nicht kennt, in 100 Worten vorstellen müssten: Was hat Sie besonders in der Entwicklung des Unternehmens beeinflusst und einzigartig gemacht?
Geruch in Schuhen zu verhindern, damit begann es 1935. Daraus entstanden ist unser Geschäftsmodell: Der antimikrobielle Schutz von Kunststoffen und Textilien.
SANITIZED entwickelt individuell auf die Schutzziele der Endprodukte abgestimmte und gebrauchsfertige Additive, die beispielsweise gegen Geruchsentwicklung in Berufsbekleidung, gegen Permastink in Synthetiktextilien oder gegen Schimmelbildung wirken.

Einzigartig ist der 360 Grad Service: Dazu gehören die Begleitung bei Produktentwicklung, der Support für jegliche regulatorischen Fragen sowie die Unterstützung bei Marketingthemen.
SANITIZED AG ist global aktiv und dennoch schweizerischen Qualitätsprinzipen verpflichtet. Weltweit nutzen über 400 Marken die Ingredient Brand Sanitized® auf ihren Endprodukten.

Think global – act local? Sie haben Schwestergesellschaften in Frankreich, den USA und in Asien. Ihre Wurzeln und das Headquarter sind in der Schweiz. Durch die Pandemie stellt sich aktuell verstärkt die Frage nach intakten Lieferketten. Was bedeutet das in Zukunft für Ihr Unternehmen?
Die breite globale Aufstellung ermöglicht es uns in der Tat Geschäfte lokal zu tätigen. Die lokale Verankerung ergibt Synergien, auch im Sourcing. Das wird für uns zukünftig noch wichtiger. Und natürlich sind auch die Themen der Schnelligkeit und Kundennähe ein positiver Aspekt dieser Ausrichtung.

Vom Textil über die Kunststofffläche bis zur Dose: 2018 wurde die SANITIZED Preservation AG gegründet, die sich um Farben und Coatings kümmert. Damit erschließt SANITIZED einen weiteren Markt. Welche Märkte interessieren Sie besonders und von welchen Produktbereichen fühlen Sie sich besonders herausgefordert?
Kunden wollen Farben und Lacke ohne Lösungsmittel, das ist besser für Mensch und Umwelt. Doch bei den alternativen, wasserbasierenden Produkten besteht ein großes Risiko von Verunreinigungen durch Mikroben. Das beginnt bereits bei der Produktion, setzt sich bei der Lagerung in der Dose fort und ebenso in der Anwendung. Die Folge ist Schimmelbildung.

Besonders in hygienesensiblen Bereichen der Industrieproduktion und natürlich im medizinischen Umfeld ist ein antimikrobieller Schutz für Anstriche oder Beschichtungen hoch relevant. In den Regionen mit hoher Luftfeuchtigkeit vervielfacht sich das Verunreinigungs- und Schimmelrisiko. Auch deshalb ist Indien ein Wachstumsmarkt für diesen Geschäftsbereich.

Neue Wege zu gehen, bedeutet Entscheidungsfreudigkeit, Überwindung von Ängsten - und damit auch Mut zum Scheitern. Nicht jedes Projekt kann gelingen. Über welche unternehmerische Entscheidung sind Sie im Nachhinein besonders froh, sie getroffen zu haben?
Lassen Sie mich nur drei für die Unternehmensentwicklung wichtigen Entscheidungen nennen: Das ist definitiv die Gründung des Geschäftsbereichs SANITIZED Preservation. Hier geht es um den antimikrobiellen Schutz von Farben und Lacken. Auch der Aufbau unseres hauseigenen TecCenters, in dem wir Laborservices noch schneller durchführen können, gehört dazu. Es wurde kürzlich vom International Antimicrobial Council akkreditiert. Und ganz aktuell ist es die Vertriebskooperation mit Consolidates Pathway auf dem US-amerikanischen Markt für unsere Textil-Hygienefunktionslösungen.

Sie sagen, dass Innovation in der DNA des Unternehmens verankert sei. Wie leben Sie Ihr Innovationsmanagement und welche Rolle spielen dabei die Anforderungen der Endverbraucher und Ihrer Industriekunden?
Wir selbst und unsere globalen Vertriebspartner sind in engem Austausch mit den Herstellern von textilen Produkten. Auch deshalb kennen wir die Anforderungen und die Bedürfnisse des Marktes. Aus der Nische in den Massenmarkt drängt das Thema Nachhaltigkeit. Genau hierfür wurde unser Produkt Sanitized® Odoractiv 10 entwickelt und mit dem Swiss Innovation Award ausgezeichnet. Es handelt sich um eine dual wirkende, biozidfreie, patentierte Technologie gegen Geruchsentwicklung und Geruchsadsorption in Textilien.

Viele Kunden schätzen unsere Expertise und nutzen sie bei der Entwicklung neuer Produkte, damit innovative Textilien mit Zusatznutzen für die Anforderung des Marktes entstehen.

Maßgeschneidert oder Lösungen nur für Großkunden? Das Thema Individualisierung bis zur Losgröße 1 nimmt heute einen breiten Raum ein. Wie stehen Sie zu individuellen Produktlösungen – oder können Sie mit dem 40 Produkte umfassenden Sanitized-Portfolio alles abdecken?
Wir verfügen über einen sehr vielseitig einsetzbaren Technologie-„Baukasten“.Auf die speziellen Kundenbedürfnisse und die jeweiligen Produktanforderungen individuell einzugehen, gehört zu unserem täglichen Geschäft. Hierzu bieten wir maßgeschneiderte Rezepturen an und unser umfassendes Applikations-Knowhow fließt in die Beratung für die individuelle Anwendungssituation beim Kunden ein.

Für Nachhaltigkeit gibt es die verschiedensten Definitionen. Kunden erwarten unter diesem Begriff alles – von Klimaschutz bis Ökologie, von vor Ort-Produktion in der Region bis zum Ausschluss von Kinderarbeit usw. Textilfinishing hat nicht immer einen unproblematischen Klang.
Das öffentliche Beschaffungswesen stellt immer mehr auf nachhaltige Textilien um. Was bedeutet das für SANITIZED und was tun Sie, um den Begriff der Nachhaltigkeit für Ihr Unternehmen mit Leben zu füllen, und auf welche Aktivitäten und Zertifizierungen setzen Sie besonders?

Für uns ist die Ressourcenschonung ein zentrales Thema. Da wir das Thema Nachhaltigkeit entlang der gesamten Produktionskette „mitdenken“, also auch in Forschung und Entwicklung, sind ressourcenschonende Applikationstechniken für die Textilindustrie für uns wichtig. Sanitized® Additive können in Standardproduktionsprozesse integriert werden, sodass zusätzlicher Energieaufwand für ergänzende Veredelungsabläufe entfällt.

Auch biozidfreie Produkte sind in unserem Portfolio zu finden. Sanitized® Odoractiv10 verhindert, dass Gerüche an Textilien anhaften. Sanitized® Mintactiv nutzt die natürliche antibakterielle Wirkung der Minze und wurde speziell für Baumwolltextilien entwickelt.

Und was weniger riecht, muss seltener gewaschen werden. Dies spart Wasser und Strom und verlängert die Nutzungsdauer des Textils.

SANITIZED unterstützt seine Kunden durch eine sogenannte 360°-Serviceleistung. Was verstehen Sie darunter und warum konzentrieren Sie sich nicht ausschließlich auf die technischen Aspekte der Produkte?
Die Marke SANITIZED möchte ihren Kunden echten Mehrwert stiften. Deshalb haben wir unsere Kernkompetenz als Entwickler und Anbieter von innovativen antimikrobiellen Additiven um einen Rundum-Service erweitert. Naheliegend ist die Begleitung beim Produktionsprozess, das gehört natürlich dazu. Wir unterstützen darüber hinaus mit aktuellstem Wissen bei regulatorischen Fragen – weltweit. Und für unsere Lizenzpartner, die Sanitized® als Ingredient Brand nutzen, bieten wir umfassenden Marketing-Support. Korrekte Werbeaussagen zu treffen, ist nicht nur in Zeiten von Corona wichtig. Denn es geht immer um Transparenz und Sicherheit für die Menschen. Abmahnung oder Lieferstopps wegen falscher Claims können verhindert werden.

Die Zusammenarbeit mit den Instituten ist absolut sinnvoll; schließlich ist es ihre Aufgabe, für Unternehmen Forschungen anzustellen, die diese allein nicht schultern können. Prüfeinrichtungen gehören dazu, genauso wie das Beantragen von Fördergeldern, das nur in Zusammenarbeit mit Forschungsinstituten möglich ist. Allerdings sind sie öffentliche Einrichtungen und haben daher per se eine andere Zielsetzung als ein Unternehmen: Wir müssen eine vielversprechende Idee schnellstmöglich auf den Markt bringen, damit sie einen Ertrag bringt. Diesen Druck hat ein Forschungsinstitut nicht.

Welches Ziel verfolgen Sie beispielsweise mit der Webpräsenz https://www.sanitized.house?
Ja, es mag ungewöhnlich anmuten, wenn SANITIZED als B2B Unternehmen eine Plattform für Endkunden konzipiert. Doch mehr als 400 Marken nutzen Sanitized® als Ingredient Brand. Wir sind also über diesen Weg mit den Endkunden verbunden.

Im Sanitized® the house können Besucher in einem virtuellen Haus spielerisch erleben, in welchen Lebensbereichen Hygiene- und Materialschutz zur Lebensqualität beiträgt. Ein Klick in den Kleiderschrank verlinkt zu Produkten –inklusive Markennennung –, die mit Sanitized® ausgerüstet wurden: Bekleidung im Kleiderschrank, der Teppich im Wohnzimmer oder das Handtuch im Bad. Das probiert man am besten selbst mal aus.

Das Unternehmen arbeitet konsequent daran, Sanitized® als Marke zu implementieren. Die Hygienefunktion für Textilien und Kunststoffe soll dokumentiert werden und so Kunden und Konsumenten einen Mehrwert bieten. Gerade im Bekleidungs-, Sports- und Outdoor-Segment ist Co-Branding nicht immer gern gesehen. Wie steinig war der Weg, bis Sanitized® als Ingredient Brand vom 400 Lizenz-Partnern am Produkt ausgelobt wurde?
Natürlich gibt es Marken, die keinen zweiten Brand auf ihrem Endprodukt wünschen. Doch ein Trend lässt zunehmend mehr Hersteller umdenken: Kunden stellen immer häufiger Fragen nach Inhaltsstoffen, nach der Herkunft. Aufklärung und Transparenz sind wachsende Bedürfnisse. Und genau hierzu tragen wir bei. Und darüber hinaus ist dies eine Chance für eine Textilmarke in der Flut der Anbieter positiv aufzufallen. Differenzierung durch Mehrwert – gestiftet durch Schweizer Technologie von SANITIZED. Das sind Argumente, die weltweit funktionieren.

Sie haben ein breit gefächertes Netzwerk, sind beispielsweise seit Gründung von bluesign® deren Systempartner oder arbeiten im Vertrieb mit Archroma eng zusammen, um nur zwei herauszugreifen. Worin sehen Sie den besonderen Wert von Partnerschaften? Gibt es Segmente, in denen Sie sich neue Partner und Kooperationen vorstellen können?
Partnerschaften sind wichtig und funktionieren, wenn man gemeinsame Ziele verfolgt und sich gegenseitig befruchten kann. Ganz neu ist eine Partnerschaft mit dem Unternehmen Consolidates Pathway in den USA.

Auf welchen gesellschaftlich relevanten Themenfeldern sehen Sie in den nächsten 5 Jahren besonders großen Innovations- und Handlungsbedarf? Wie ist Ihre Einschätzung, dass Ihr Unternehmen mit seinen Produkten dafür Lösungen anbieten können wird? Und welche Rolle spielen bei dieser Einschätzung die Erfahrungen aus der Corona-Pandemie?
Was die Corona-Pandemie langfristig verändern wird, kann niemand vorhersagen. Der Umweltschutz und damit die Schonung unserer Ressourcen ist und bleibt ein wichtiges Thema.
Dass die Textilindustrie hierzu eine Menge beitragen kann, dringt langsam auch in das Bewusstsein der breiten Masse. Stichworte sind Billigproduktion oder Wasserverbrauch für Jeansherstellung. Die Menschen werden sensibler, was Unternehmen und Marken tun. Umso wichtiger wird es sein, offen und transparent zu agieren und zu kommunizieren.
Für SANITIZED ist es ein Selbstverständnis, dass nur Produkte mit offiziellen Zulassungen eingesetzt werden und dass wir nach dem blue-sign Prinzip arbeiten. Hier beginnen die Nachvollziehbarkeit und die Transparenz.


Das Interview führte Ines Chucholowius, Geschäftsführerin der Textination GmbH